Der verlorene Sohn schlägt zu

von Redaktion

Stanisic leitet Bayerns Debakel ein – und gibt zu: „Ich wollte beweisen, dass ich das Zeug dazu habe“

Leverkusen – Als Josip Stanisic zur Leverkusener Führung traf, war ihm nicht nach Jubeln zumute. Fast entschuldigend hob die Leihgabe des FC Bayern die Arme in die Höhe, nach Abpfiff gab er zu: „Es war ein komisches Tor. Auch wenn man sich irgendwie freut: Es tut einem auch irgendwie leid, weil man weiß, wie sehr es einen auf der Gegenseite ärgert.“ Auf jener Seite also, der der 23-Jährige mit seinem ersten Treffer im Bayer-Trikot schmerzhaft aufzeigte, dass gegen dieses Leverkusener Team in dieser Form – in dem er seit dem Jahreswechsel in der Liga stets zum Einsatz kommt – absolut nichts zu holen ist.

Im Spitzenspiel startete der Deutsch-Kroate überraschend auf der rechten Abwehrseite und nicht in der Innenverteidigung. Aber auch in der bisher ungewohnten Rolle beim temporären Arbeitgeber überzeugte er nicht nur mit seinem Tor, sondern vor allem mit einer abgeklärten Leistung in der Defensive. Ob Stanisic beweisen wollte, dass er Bayern-Format hat? „Ja, das kann man schon so sagen. Man weiß ja, wenn man ausgeliehen wird, dass man glaubt, dass man nicht das Zeug dazu hat“, so der ehrliche Rechtsverteidiger am „Sky“-Mikrofon. Er gab zu: „Ich wollte natürlich auch mir selbst beweisen, dass ich das Zeug dazu habe.“

Ganz anders sah Trainer Thomas Tuchel den Sachverhalt. Denn für den Coach des FC Bayern war nicht mal verständlich, dass Stanisic auf dem Platz stehen durfte. Der 50-Jährige verwies auf die in England gängige Regel: „Wenn du Spieler ausleihst, dürfen sie nicht gegen dich spielen.“ In seinen Augen habe das Agreement Sinn, „denn ich habe das zu oft erlebt. Dass ausgerechnet der Spieler dann gegen mich trifft.“

Die Personalie Stanisic ist ja nicht erst seit Samstag polarisierend. Denn es gab seit dessen Last-Minute-Abgang im Sommer genug Gelegenheiten, die Frage aufzuwerfen, warum die sogenannte Transfer-Taskforce dem Leihgeschäft zugestimmt hat. Zum 14. Mal in der laufenden Saison stellte Tuchel in Leverkusen die Abwehr um, auf den Außenpositionen kamen bisher vier (rechts) bzw. fünf (links) verschiedene Männer zum Einsatz. Diesmal durfte Sacha Boey als Schienenspieler ran – Ausgang bekannt.

Seit Samstag ist es noch besser möglich als zuvor, dass Stanisic im Sommer als Meister zurück an die Isar kehrt. Genau der Mann, der nach München kam, um endlich einen Titel zu holen, sah die Sache aber relativ entspannt. „Der Verein hat eine Entscheidung getroffen – es ist, wie es ist“, sagte Harry Kane, als er auf Stanisic angesprochen wurde. Ohnehin habe man nicht wegen ihm verloren, „sondern weil wir mit dem Ball nicht gut waren“. Stanisic wollte nicht jubeln – die Bayern kamen gar nicht in Verlegenheit. hlr, vt

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