Rom – Ein Champions-League-Achtelfinale gegen einen mittelmäßig spielenden Club der italienischen Serie A – auf dem Papier war das Los Lazio Rom für den FC Bayern Ende vergangenen Jahres eine unscheinbare Aufgabe. Abseits der aktuellen sportlichen Krise der Münchner hat das Hinspiel am Mittwoch (21.00 Uhr, DAZN) noch einen anderen, brisanten Hintergrund: Die Anhängerschaft von Lazio hat sich in Europas Fußball über Jahrzehnte hinweg einen Ruf als rechte Krawallmacher erarbeitet. Als besonders schlimm gilt im Olympiastadion von Rom die Nordkurve. Dort stehen Ultras, die aus ihrer Verehrung für den Faschismus keinen Hehl machen. Bei Spielen wird der rechte Arm zum „saluto romano“ („Römischer Gruß“) in die Höhe gestreckt. In Deutschland ist der Hitler-Gruß verboten, bei Lazio hingegen gilt die Geste fast schon als Folklore.
Aus der Nordkurve ist nach Toren auch immer wieder der Ruf nach dem „Duce“ („Führer“) zu hören. Besonders bejubelt wurde bis vor einigen Monaten ein Spieler namens Romano Floriani Musssolini – ein Urenkel des Diktators. Der 21-Jährige ist inzwischen aus sportlichen Gründen an den Drittliga-Verein Delfino Pescara ausgeliehen. Rund ums Stadion finden sich auch Lazio-Schmierereien mit der Abkürzung SS in Runenschrift.
Der harte Kern der rechten Szene besteht aus einer mehrere Tausend Mann starken Truppe, die sich „Irriducibili“ nennt. Zu deutsch: die „Unbeugsamen“. Besonders erbittert ist die Konkurrenz zum anderen Hauptstadtverein AS Rom, der politisch als links gilt. Unvergessen, wie sie beim Derby 1999 dem Gegner ein 18 Meter langes Transparent entgegenhielten: „Auschwitz ist eure Heimat, die Öfen euer Zuhause“.
Auch Eintracht Frankfurt und Werder Bremen machten bei Aufeinandertreffen auf europäischer Ebene schon unangenehme Erfahrungen. Die Antwort von Lazio-Ultras auf die UEFA-Aktion „Zusammen gegen Rassismus“ damals: der rechte Arm. Die Vereinsführung hat sich von solchem Verhalten immer wieder distanziert – bislang ohne große Wirkung.
Mit Spannung wird nun auf das Spiel gegen den FC Bayern gewartet – ein Verein, der seinen langjährigen jüdischen Präsidenten Kurt Landauer (1884-1961) vor einiger Zeit zum Ehrenvorsitzenden machte und das eigene Verhalten in den Nazi-Jahren aufarbeiten ließ. dpa