München – Vor gut einem Jahr zeigte Deutschlands erfolgreichster Handballer noch einmal seine Klasse. Um Titel ging es für Christian Zeitz nicht mehr, der Weltmeister von 2007 half den GWD Minden vor dem Abstieg zu retten. Stolze 42 Jahre ist er da alt gewesen. Und damit steht Zeitz ziemlich symbolisch für ein kleines Grüppchen von Ausnahme-Handballern, die sich bis ins fortgeschrittene Sportleralter in dem harten Geschäft behaupten. Der Franzose Nikola Karabatic gehört mit 39 führte der sein Heimatland gerade wieder zum Europameistertitel.
Henning Fritz lieferte vor wenigen Wochen ein noch größeres Altersextrem. Mit 49 feierte er ein Ein-Spiele-Comeback in Bozen in der italienischen Liga. Schöner Stoff für den Podcast 20/12, den Fritz mit Zeitz jede Woche am Donnerstag neu auflegt.
Auffällige Parallele der Genannten. Alle drei verbrachten die Frühphase ihrer Karrieren beim THW Kiel. Der aktuell taumelnde Serienmeister war der Konkurrenz damals nicht nur sportlich lange voraus. Als erster Bundesliga-Club beschäftigten die Zebras schon zu Beginn des Jahrtausends im Norweger Ole Viken auch einen eigenen Athletik-Trainer – auch der war schon bei 20/12 zu Gast. Passend zum Grundprinzip des Projektes: „Wir wollen Gäste haben, die du nicht überall hören kannst.“
Man ahnt: Die körperlichen Grundlagen durch die Arbeit mit Viken werden Profis wie Zeitz und Karabatic in ihren Karrieren sicher nicht geschadet haben. Zeitz – Europameister, Olympia-Zweiter, dreimaliger Champions-League-Sieger und neunmaliger Deutscher Meister – blieb von den ganz heftigen Verletzungen in seiner Karriere weitgehend verschont. Es sagt viel aus, dass er sich die größten Blessuren „bei der Nationalmannschaft“ holte. Es ist noch nicht lange her, da setzte die Bundesliga ihren Spielbetrieb kurz vor dem Beginn von Großereignissen aus. Vor der kürzlich beendeten EM pausierte die Liga immerhin schon kurz vor Weihnachten. Bei EM oder WM wurde im Zwei-Tages-Rhythmus gespielt. Zeitz hatte daraus seine Schlüsse gezogen und mit 28 seine Karriere im DHB-Trikot beendet, in dem er zehn Jahre zuvor der jüngste Debütant gewesen war. „Ich bin dafür viel kritisiert worden“, sagte er, „aber ohne diesen Schritt hätte ich sicher nicht so lange gespielt.“
Seinen eigenen Weg hat dieser Mann, der immer Instinkthandballer war, nie gescheut. Dieser Profi, dem sie wegen seiner unkonventionellen Spielweise zum „Straßenhandballer“ erklärten. Ein Titel, der ihn selbst nicht in helle Begeisterung versetzt – der aber auch zur Marke für seinen Podcast geworden ist. „Der Straßenhandballer spielt wieder mit dem Welthandballer“, heißt es da.
Seinen Erfahrungsschatz will Zeitz weitergeben. Und das nicht nur am Mikrophon. Er lässt sich zum Trainer ausbilden, absolvierte auch eine Studium zum Sportmanager. Die ersten Angebote lagen schon bei ihm auf dem Tisch, das Richtige war bis jetzt nicht darunter. Zweifel hat er keine, dass er sich auch in neuer Funktion beweisen wird. „Man muss mir halt die Chance dafür geben“, sagte er. PATRICK REICHELT