Die tollpatschige Weltmeisterin

von Redaktion

SCHWIMMEN Angelina Köhlers Weg zur Gold-Medaille – Bronze für Gose

Doha – Das Handy explodierte, Hunderte Glückwünsche prasselten auf Angelina Köhler nach ihrem Gold-Coup ein. „Ich war noch bis halb zwei wach und habe versucht, super viele Nachrichten zu beantworten, weil mir so, so viele Leute geschrieben haben“, berichtete die frischgebackene und überglückliche Weltmeisterin nach einer kurzen Nacht. „Ich kann es immer noch nicht so ganz verarbeiten, was passiert ist“, sagte Köhler.

Nur wenige Stunden zuvor hatte die Berlinerin in Doha mit Tränen in den Augen und der Goldmedaille um den Hals ganz oben auf dem Podest gestanden – als erste deutsche Beckenschwimmerin seit fast 15 Jahren, seit dem Doppel-Erfolg von Britta Steffen 2009 in Rom. In starken 56,28 Sekunden hatte sich Köhler in Doha den Titel über 100 m Schmetterling geschnappt, auf den sie „einfach unfassbar stolz“ war. Vor allem, weil der Erfolg zeige, dass auch jemand wie sie, „der manchmal ein bisschen tollpatschig“ sei, Weltmeisterin werden könne, erklärte Köhler.

Mit dieser Art habe sie in ihrer Teenagerzeit nämlich „auch viele Probleme“ gehabt, berichtete die 23-Jährige. „Wenn man ziemlich groß und dünn ist, lange Arme, bisschen größere Zähne“, eine Brille habe und „dann auch noch über die eigenen Füße“ falle, sei es „ziemlich einfach für große, ältere Jungs, sich über einen lustig zu machen“, sagte Köhler. „Aber das hat mich eigentlich immer nur bestärkt, in dem was ich mache.“

In ihrer Berliner Trainingsgruppe, die wie „eine zweite Familie“ für sie sei, weiß man ihre Art hingegen zu schätzen. „Ihre Tollpatschigkeit wird mit einem Lächeln einfach akzeptiert, wir nehmen sie so, wie sie ist“, erklärte Trainer Lasse Frank und ergänzte schmunzelnd: „Wenn sie mal was liegen lässt, dann ist die Trainingsgruppe da und schleppt es ihr hinterher.“ Die Mannschaftskasse sei durch Köhler, die der „Regenbogen, die Sonne“ des Teams sei, jedenfalls „ordentlich gefüllt“. Auch Köhler sei froh, dass sie ein Team habe, „das auf mich aufpasst“, erzählte sie und lachte: „Sonst wäre ich schon um viele Sachen ärmer.“

Doch nicht nur menschlich, auch sportlich passt es zwischen Köhler und Berlin. Als sie vor knapp zwei Jahren von Hannover in die Hauptstadt gekommen sei, habe man laut Frank an „sehr vielen Stellschrauben gleichzeitig“ gedreht, das Krafttraining fokussiert und an den Kicks gearbeitet, durch die Köhler zuvor viel „in der Weltspitze verloren“ habe. Die Arbeit zahlt sich nun aus. Gleich zweimal verbesserte Köhler in Doha im Vorlauf und im Halbfinale ihren eigenen deutschen Rekord letztendlich auf 56,11 Sekunden, zudem gewann sie bei der Kurzbahn-EM in Rumänien Gold (200 m) und Silber mit deutschem Rekord (100 m) – ein „krasser Meilenstein“, wie sie erklärte. Mit ihrem Weltmeistertitel wolle sie nun vor allem Jüngeren zeigen, „dass man nicht perfekt sein muss“, um Leistung zu bringen, betonte Köhler. Europameisterin, Weltmeisterin – „scheißegal, ich bin immer noch Angie, immer noch die Tollpatschige“.

Zwei Tage nach ihrer Bronzemedaille ist Europameisterin Isabel Gose derweil erneut aufs Podium geschwommen. Die Magdeburgerin, Dritte über 400 m Freistil, sicherte sich am Dienstag über 1500 m in 15:57,55 Minuten erneut Bronze hinter der italienischen Doppel-Europameisterin Simona Quadarella und der Chinesin Li Bingjie. „Es war das, was wir uns ein bisschen erhofft hatten“, sagte Gose.  sid

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