Das Material war nicht alleine schuld, schließlich schossen die deutschen Biathleten in den ersten WM-Rennen auch nicht wirklich fehlerfrei. Und doch war vor dem gestrigen Einzel-Rennen, das die erste WM-Medaille bescherte, eine hitzige Diskussion über Wachse, Schleifsteine und das Ski-Set-Up entstanden, die im deutschen Lager am Montag in Nove Mesto gar in einer Krisensitzung gipfelte. Das Resultat: Man wolle als Team noch enger zusammenstehen. Und siehe da, am Dienstag glitten die Skier schon etwas geschmeidiger über die tschechische Restschnee-Pampe. Gepaart mit famosen Schießleistungen durften die DSV-Damen sich am Ende über Topplätze freuen. Bisher waren die deutschen Athletinnen und Athleten trotz großem Invest (neun Techniker, ein Wachs-Truck, ein Schleif-Truck) den meisten Top-Nationen hinterhergehinkt.
Während Norweger, Franzosen & Co. frohlockten, flüchtete man sich aus deutscher Sicht in ein Was-wäre-wenn-Gedankenspiel. Angenommen das Reglement würde allen Athleten und Athletinnen das exakt gleiche Material vorschreiben, hätte der DSV dann früher Edelmetall eingesammelt? Möglich, aber vielleicht würden auch kleinere Länder wie Belgien oder Lettland plötzlich ganz vorne mitmischen. Charme hätte die Vorstellung jedenfalls. Klar, die Wirtschaft würde da nie mitmachen und man würde die gewieften Tüftler ausbremsen, aber unter dem Strich würde mit noch höherer Wahrscheinlichkeit siegen, wer körperlich die größte Leistung bringt. Äußere Wettereinflüsse wird es – zumindest im Wintersport – immer geben.
Gleiche Voraussetzungen für alle also! Dann hat Ferrari endlich wieder eine Chance auf den Formel-1-Titel und Nico Hülkenberg kann beweisen, dass er tatsächlich Podest-Potenzial besitzt. Auch wüsste man schnell, ob die deutschen Bob-Piloten und Rodel-Asse tatsächlich am geschicktesten agieren oder nur die besten Kufen haben. Weniger ändern würde sich beim Tennis, Tischtennis oder Badminton, schließlich hat Djokovic Widersacher Nadal noch nie wegen des besseren Schlägers besiegt. Lustig wäre auch zu sehen, wenn alle Fußballer die gleichen, womöglich sogar einfache schwarze (!) Treter tragen müssten. Tausende Spieler und nur einer könnte das „Marken-Gesicht“ werden. Geblendet vor lauter Neid würden die (Möchtegern-)Stars so weit am Tor vorbeischießen, wie so mancher Biathlet an den Scheiben.
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