„Ich will mich wieder zum Staunen bringen“

von Redaktion

Gesa Krause über die ersten Wettbewerbe nach der Schwangerschaft und den Olympia-Traum

Im April 2023 kam Lola Emilia auf die Welt. Und für Gesa Krause änderte sich das Leben. Beim Silvesterlauf in Trier gab die 31-Jährige ihr Comeback, nun fordert Krause auch auf der Bahn wieder die Konkurrenz heraus. Das große Ziel für die 3000-m-Hindernisläuferin (Bronze bei der WM 2015 und 2019) sind die Olympischen Spiele in Paris. Im Interview mit unserer Zeitung spricht Krause über Motivation durch Tochter Lola, die Balance zwischen Leistungssport und Mama sein sowie die zweite Heimat Kenia.

Gesa Krause, der Silvesterlauf in Trier war ihr erster Wettkampf nach der Schwangerschaft und Geburt von Tochter Lola. Wie hat sich das angefühlt?

Es hat unwahrscheinlich viel Spaß gemacht. 2022 war es schon besonders. Ich wusste damals, dass ich für eine lange Zeit eine Sache, die mir so viel bedeutet, nicht mehr machen kann. Die Aufregung und die Vorfreude, endlich wieder Wettkampfluft zu schnuppern, waren riesig. Es gab natürlich auch eine Ungewissheit. Ich war sehr überrascht, dass ich schon so schnell unterwegs war. Das hat mir gezeigt, dass ich während der Schwangerschaft und auch danach sehr gut gearbeitet habe – und darauf aufbauen kann.

Inwiefern ändert sich das Verhältnis zum Leistungssport als Mutter?

Man wird sehr schnell wieder von der Realität eingeholt. Für Lola ist es wichtig, dass ich für sie da bin und mich um sie kümmere. Meine Zeiten interessieren sie vermutlich eher weniger (lacht). Es ist aber auch total schön, wenn man nach Wettkämpfen ganz schnell wieder in der anderen Welt ankommt und in die Mama-Rolle schlüpft.

Sind Sie schnell mit der Belastung im Training wieder klargekommen?

Im Trainingslager in Kenia haben wir wirklich sehr intensiv gearbeitet. Das fiel mir anfangs noch schwer und war eine Umstellung. Ich war es nicht mehr gewohnt, so stark an die Grenzen zu gehen. Es hat ein bisschen gebraucht, bis sich das wieder einigermaßen normal anfühlt (lacht). Es braucht einfach Zeit und Geduld, bis ich mein volles Leistungsvermögen wieder ausschöpfen kann. Natürlich würde ich gerne jetzt schon wieder schneller laufen, aber das ist ja kein Wunschkonzert.

Fällt es Ihnen leicht, diese Geduld zu haben? Oder denkt man sich ständig: Das muss doch noch schneller gehen.

Sowohl als auch. Der realistische Teil von mir weiß, dass es genauso richtig ist, wie es gerade ist. Wenn etwas besonders gut werden soll, geht es eben nicht von jetzt auf gleich. Aber natürlich gibt es auch diesen ehrgeizigen Teil, der am liebsten gleich drei Schritte überspringen würde. Diese beiden Teile müssen einfach im Einklang stehen. Ich träume davon, wieder richtig schnell zu laufen, mich selbst zum Staunen zu bringen. Aber alles Schritt für Schritt.

Mit Oliva Gürth (21) haben Sie eine starke und hochtalentierte nationale Konkurrentin. Treibt das noch mal mehr an?

In unserer Trainingsgruppe ist noch die Slowenin Marusa Zrimsek. Es ist enorm hilfreich, wenn du Athletinnen hast, die auf dem gleichen oder einem besseren Niveau sind. Man wird nicht nur im Wettkampf, sondern in jedem Training gefordert. Olivia ist sehr spurtstark, sie kann aber auch mal das Tempo vorgeben. Das ist für uns beide sehr gewinnbringend. Wenn du ständig jemanden in deinem Nacken spürst, ist es was ganz anders, als wenn du die Rennen alleine läufst.

Wie koordinieren Sie Ihr Leben zwischen Mamasein und Leistungssport?

Ein grober Plan ist ganz gut – aber am Ende des Tages musst du auch immer spontan sein. Meine Eltern wohnen in der Nähe, und unterstützen Robert und mich bei der Betreuung vor Ort. Im letzten Trainingslager waren Roberts Eltern beispielsweise auch drei Wochen mit dabei. Die ganze Familie zieht mit. Man kann nicht alles bis ins letzte Detail planen. Überraschungen gibt es immer.

Was ist sportlich in der aktuellen Phase am wichtigsten?

Wenn man ein Jahr nicht im Wettkampfgeschehen war, ist es gar nicht so leicht, für größere Meetings gemeldet zu werden. Der Plan aktuell ist, wieder Wettkampfroutine und Wettkampfhärte zu bekommen. Nach der Hallensaison geht es in ein erweitertes Grundlagentraining, Ende/Mitte März geht es wieder nach Kenia, danach gibt es den Feinschliff in Südafrika. Ende April/Anfang Mai kann ich hoffentlich meine ersten Freiluftwettkämpfe bestreiten. Und hoffe, dass die Olympianormrelativ schnell fällt.

Sie haben einmal gesagt, dass Kenia wie eine zweite Heimat für Sie ist.

Seit 2010 fliegen wir immer nach Kenia. Das Training ist dort sehr hart. Man hat den klassischen Tagesablauf: essen, schlafen, trainieren. In meinem Fall kommt noch die Betreuung von Lola dazu. Die Zeit in Kenia hat mir immer sehr geholfen und mein Trainer ist auch der Meinung, dass wir im Olympiajahr nichts anderes machen sollten.

Paris ist das große Ziel.

Das ist der absolute Traum. Es wären meine vierten Olympischen Spiele. Das ganze Jahr, mein ganzer Alltag ist auf dieses Ziel ausgerichtet. Ich bin guter Dinge, dass wir den richtigen Weg gehen. Und die Vorstellung, dass meine Tochter im Stadion dabei sein kann, motiviert natürlich noch mal ungemein.

Interview: Nico-Marius Schmitz

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