Thomas Tuchel hat auch am Mittwoch sein Ding durchgezogen – und das war gut so. Denn bevor das Spiel gegen Lazio angepfiffen wurde, das von vielen Seiten zur Schicksalspartie hochstilisiert worden war, hat er den Blick auf die ewige Stadt genossen. Am Valentinstag aufwachen und aus dem Fenster die von der Sonne geküsste Traumstadt erkunden, gehört zu den schönen Momenten dieses Jobs, der zweifellos auch unschöne hat. Solche, die Tuchel gerade – wie die drei Herren, die vor ihm auf dem Trainerstuhl beim FCB saßen – immer intensiver kennenlernt.
Es ist noch nicht mal ein Jahr her, dass der 50-Jährige das Amt im Hauruck-Verfahren von Julian Nagelsmann übernommen hat. Er kam, um alles besser zu machen – und findet sich nun in einer ähnlichen Situation wieder wie sein direkter Vorgänger. Wenn es bei diesem Verein nicht läuft, steht schnell der Trainer in der Schusslinie; aktuell ist die öffentliche Kritik daher auf Tuchel fokussiert, den das Krisen-, Druck- und Entlassungs-Gerede sichtlich nervt. Dabei ist auch ihm bewusst, dass er aktuell mit diesem Team nicht dort steht, wo er zu diesem Zeitpunkt eigentlich stehen wollte und sollte. Nur ist das ausschließlich seine Schuld?
Um den Blick nach vorne zu richten, hilft oft der Blick zurück – und der zeigt auf der Trainerposition das Gegenteil der Kontinuität, die unter anderem Uli Hoeneß sich für den wichtigsten Job im Club so dringend wünscht. Dass in Niko Kovac, Hansi Flick und Nagelsmann drei komplett verschiedene Typen (aus verschiedenen Gründen) nicht funktioniert haben, kann aber nicht nur den Herren selbst angekreidet werden – der Fehler muss auch im System liegen.
In diesem Machtgefüge zu überleben und dabei eine Spielergeneration zu trainieren, die ihrem eigenen Führungsanspruch oft hinterherhinkt, ist eine Mammutaufgabe. Eine, an der einer nach dem anderen scheitert. Wenn man nun die jüngsten Gerüchte hört, die besagen, dass José Mourinho schon deutsch lernt oder Hansi Flick im Sommer bereit wäre für eine neue Aufgabe, darf man schon schlucken. Womöglich ist der Posten im Sommer vakant. Aber um ihn so neu zu besetzen, dass nicht der nächste Trainer verschlissen wird, müssen zunächst Grundsatzentscheidungen getroffen werden. Sich dafür in der ewigen Stadt ein wenig Energie zu holen, kann nicht schaden.
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