München – Die Präsentation des neuen Red Bull, mit viel Glamour in Milton Keynes vorgeführt, wurde zur Lachnummer. Denn das Thema der Themen, das die vergangenen zehn Tage die Medien dominiert hatte, wurde von Teamchef Christian Horner (50) und den anderen Darstellern der Präsentationsshow totgeschwiegen: Die interne Untersuchung der Red Bull Österreich GmbH gegen den Briten, dem eine Mitarbeiterin der Fabrik in England vorwirft, Horner hätte sich ihr gegenüber „mehr als inkorrekt“ verhalten.
Fragen zu den Ermittlungen rund um ein mögliches Fehlverhalten des Chefs waren nicht erwünscht. Stattdessen durfte Horner als Teamchef weiterhin die Hauptrolle in der Schmierenkomödie spielen, er beantwortete brav alle Fragen der Moderatorin und zeigte sich hocherfreut, dass auch zwei junge Rennfahrerinnen ihre Bühne bekamen, die neu im Red-Bull-Fahrerkader sind und es durch die Förderung ihres Chefs bis zur Formel 1 schaffen wollen.
Designgenie Adrian Newey redete über das neue Auto, das eine konsequente Weiterentwicklung in allen Teilen wäre. Chefingenieur Pierre Wache stieß ins gleiche Horn und auch Superstar Max Verstappen wollte nur über sportliche Themen reden. Nur bei den holländischen Landsleuten wurde er etwas deutlicher. „Es ist besser jetzt nichts zu sagen“, war die Antwort auf die Frage nach den Vorwürfen gegen Horner. Der äußerte sich bei Sky England dann später zumindest vage. „Es stehen Anschuldigungen im Raum, die ich vollumfänglich abstreite. Ich hoffe, dass die Untersuchung bald abgeschlossen sein wird.“ Man sei eine Firma, es gäbe keine Risse in den Beziehungen. Für seine Landsleute war damit alles gesagt.
Die Wahrheit allerdings ist: Im Firmensitz in Fuschl ist man der Verzweiflung nahe, weil man Horner loswerden will, aber nicht kann. Zur Präsentation reisten Chefberater Helmut Marko und CEO Oliver Mintzlaff gemeinsam nach England an, um Flagge zu zeigen. Dieser Wink mit dem Zaunpfahl ging aber unter.
Unsere Zeitung erfuhr: Es gibt ein Machtvakuum im Konzern. Die 51-Prozentteilhaber aus Thailand stehen wie eine Eins hinter Horner und weigern sich, ihn zu suspendieren oder gar zu entlassen. In Österreich ist man extrem wütend auf die Partner aus Thailand und Vertraute vom 49-Prozent-Besitzer Mark Mateschitz, dem Sohn und Erbe des im Oktober 2022 verstorbenen Firmengründers Dietrich Mateschitz, befürchten sogar, dass „Horny-Gate“ zur Zerreissprobe für den ganzen milliardenschweren Getränkekonzern wird, weil man sich extrem von den Thailändern hinters Licht geführt sieht. Grund ist die interne Untersuchung vergangenen Freitag, die von einem scheinbar unabhängigen Anwalt für Red Bull durchgeführt wurde. Scheinbar deshalb, weil der Anwalt von den Thailändern bestellt wurde. Er befragte unter anderem acht Stunden lang Horner und die Mitarbeiterin und sollte dann einen Abschlussbericht vorlegen. Der kam aber nie bei Red-Bull-Zentrale in Österreich an. Der gute Mann zog es nämlich vor, bis auf weiteres erst mal in Urlaub zu fahren. Telefonisch wäre er nicht zu erreichen gewesen, weshalb man bei Red Bull nur noch von „bewusstem Abtauchen“ spricht.
Doch noch ist der Fall für Horner nicht abgeschlossen. Denn: Eine große europäische Zeitung lässt gerade von einem Anwalt prüfen, ob ihre Beweise, die aus Fotos, Mails und Textnachrichten bestehen, ausreichen, um Horner in einer Story der sexuellen Belästigung bezichtigen zu können. Zweitens: Die Mitarbeiterin, die im Moment krankgeschrieben ist und deren Identität unserer Zeitung bekannt ist, will genau deswegen in England vor Gericht gehen. Den Antrag soll sie bereits gestellt haben. Spätestens vor Gericht müssten alle Beteiligten die Hosen runter lassen. Auch Christian Horner.