Seoul – Jürgen Klinsmann war längst in seine kalifornische Heimat zurückgekehrt, als die südkoreanischen Bosse in knapp 10 000 Kilometern Entfernung knallhart mit ihm abrechneten. Dem Ex-Bundestrainer fehle es an den „nötigen Führungsqualitäten“ in Bereichen wie Taktik und Personalführung, Klinsmanns Einstellung sei „hinter den Erwartungen zurückgeblieben“. Und überhaupt sei der Verband sich einig, ergänzte Präsident Chung Mong-Gyu am Freitag in Seoul, „dass dies in Zukunft nicht besser werden würde“.
Nach nicht einmal einem Jahr endete Klinsmanns Mission bei den Südkoreanern somit vorzeitig. Die Trennung vom Nationalcoach, die der Fußballverband KFA am Freitag in bemerkenswert scharfen Tönen verkündete, ist die Folge des Scheiterns beim Asien-Cup. Der Titelfavorit war in Katar im Halbfinale gegen das Überraschungsteam Jordanien ausgeschieden. Klinsmanns Vertrag lief ursprünglich bis einschließlich der WM 2026.
Der 59-Jährige richtete via Soziale Medien zum Abschieds eine Botschaft an seine Spieler, den Trainerstab und die Fans: „Vielen Dank für eure Unterstützung, die uns ins Halbfinale des Asien-Pokals gebracht hat, und eine unglaubliche Reise in den letzten zwölf Monaten, in denen wir 13 Spiele in Folge nicht verloren haben. Kämpft weiter!“
Doch Tatsache ist: Seit seinem Amtsantritt im Februar 2023 riss die Kritik am Weltmeister von 1990 nie ab. Klinsmann, der mit Südkorea eigentlich den ersten Kontinentaltitel nach 64 Jahren holen und das Team für die WM wettbewerbsfähig machen wollte, habe bei seinen kurzen Aufenthalten im Land die Öffentlichkeit ignoriert, lautete ein Kritikpunkt. Er habe so das Vertrauen verloren.
Von Beginn an war Klinsmann auch die Wahl seines Wohnsitzes in den USA vorgeworfen worden. Nach der jüngsten Enttäuschung gegen Jordanien (0:2), die in Medien als „Desaster“ oder gar „Katastrophe“ bezeichnet wurde, war der Druck immer größer geworden. Doch einen Rücktritt schloss Klinsmann aus.
Dem Ex-Stürmer wurden auch interne Streitereien zum Verhängnis, im Team hatte es gehörig gekracht. Am Vorabend des Halbfinales soll es beim Essen zu einem Streit innerhalb der Mannschaft gekommen sein. Superstar Heung-Min Son und Mittelfeldspieler Kang-In Lee mussten voneinander getrennt werden, dabei kugelte sich Son einen Finger aus. „Dieser Vorfall zeigt uns, worauf wir achten müssen, wenn es darum geht, eine Nationalmannschaft in Zukunft zu führen“, sagte Chung. Eine weitere Spitze gegen Klinsmann.
Der Schwabe war auch als Trainer des FC Bayern gescheitert, Ende April 2009 wurde er – nach nur zehn Monaten – entlassen. Und Hertha-Coach war er lediglich rund elf Wochen (November 2019 bis Februar 2020). Als US-Trainer immerhin war er von 2011 bis 2016 im Amt. sid