„Ein Horrorfilm, der nicht aufhört“

von Redaktion

Bayern verlieren auch in Bochum – wie lange halten die Bosse noch zu Tuchel?

VON MANUEL BONKE UND VINZENT TSCHIRPKE

Bochum – Thomas Tuchel zog die Kappe tief ins Gesicht und verkroch sich tief in seinen Trainerstuhl. Sportdirektor Christoph Freund hielt sich beim Blick auf die Anzeigetafel ungläubig die Hand vor den Mund. Und Mittelfeldchef Joshua Kimmich geriet auf dem Weg in die Kabine offensichtlich mit Co-Trainer Zsolt Löw aneinander. Es waren Auflösungserscheinungen, die der FC Bayern nach dem 2:3 (1:2) in Bochum zeigte. „Es geht mir ehrlich gesagt beschissen“, sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen nach Spielende in den Katakomben des Bochumer Stadions.

Nicht nur, dass der deutsche Rekordmeister die dritte Niederlage am Stück kassierte, durch die Pleite in Bochum gleicht der Kampf um die Meisterschaft nun einem Fernduell mit Bayer Leverkusen. Der Vorsprung der Werkself beträgt mittlerweile acht (!) Punkte Vorsprung bei noch zwölf ausstehenden Spielen. „Ich bin zwar Optimist, aber kein Träumer. Das wird jetzt wirklich sehr schwierig“, gestand Dreesen mit leicht zitternder Stimme.

Zwar hatte die Münchner Chefetage unter der Woche noch beschlossen, keine überstürzte Trainer-Entlassung zu unternehmen – doch nun fällt es schwer zu glauben, dass die Verantwortlichen dem Zerfall der Mannschaft weiter tatenlos zusehen werden. Die Worte der Spieler nach der nächsten Blamage sind alarmierend. „Es fühlt sich an wie ein Horrorfilm, der nie aufhört“, beschrieb Mittelfeldspieler Leon Goretzka den Ist-Zustand des Teams und fügte an, dass man nun „alles hinterfragen“ müsse.

Das schließt freilich auch die Arbeit von Tuchel mit ein. Vermutlich wollte sich Vorstandschef Dreesen auch deswegen nicht zu einem klassischen Trainer-Bekenntnis verleiten lassen: „Ich halte nichts von diesen monströsen Trainer-Unterstützungs-Bekundungen. Das ist keine Frage, die sich für uns heute stellt. Wir müssen uns auf die nächsten Spiele konzentrieren.“ Diese Treueschwüre sind in den Augen des CEO meistens nach einer Woche wieder vorbei, „und deswegen sage ich es auf meine Art und Weise“. Auf nochmalige Nachfrage, ob Tuchel am Samstag gegen RB Leipzig noch in der Coachingzone der Münchner sitze, antwortete Dreesen mit „selbstverständlich“. Die Woche wird zeigen, ob das tatsächlich der Fall sein wird.

Dabei sah es in Bochum zu Beginn ganz danach aus, als ob die Münchner endlich wieder einen Sieg einfahren würden. Jamal Musiala sorgte mit einem starken Dribbling und einem beherzten Abschluss über Umwege für das 1:0 nach einer knappen Viertelstunde. Harry Kane hätte fünf Minuten später auf 2:0 erhöhen müssen, als er allein vor VfL-Schlussmann Manuel Riemann über das Tor schoss. Nachdem die Partie nach einer 15-minütigen Unterbrechung wegen Fanproteste gegen den geplanten DFL-Investoreneinstieg wieder angepfiffen wurde, hatten die Gäste ihre anfängliche Dominanz verloren. Stattdessen drehte Bochum auf und erzielte nach einem Bilderbuch-Konter durch Takuma Asano das 1:1 (36.) und kurze Zeit später sogar die Führung zum 2:1, nachdem Keven Schlotterbeck nach einem Eckball wuchtig einköpfte und Abstimmungsprobleme zwischen Harry Kane und Matthijs de Ligt nutzte (44.).

Nach dem Seitenwechsel ließen die Hausherren die mäßigen Münchner Angriffswellen kontrolliert auf sich zurollen und beschränkte sich aufs Kontern. Der Plan ging auf, weil abgesehen von Verlegenheitsschüssen der Einwechselspieler Leroy Sané (64.) und Bryan Zaragoza (65.) zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich viel auf den Kasten des Ruhrpott-Clubs ging. Erst in der Schlussphase wurde es nochmal hektisch: Der bereits verwarnte Upamecano sah nach einem Ellenbogeneinsatz nach einem Kopfballduell im eigenen Strafraum die Gelb-Rote Karte. Den anschließenden Elfmeter verwandelte Kevin Stöger zum 3:1 (78.).

Kurz vor Ende der regulären Spielzeit sorgte Torjäger Kane für den Anschluss. Doch es reichte am Ende mal wieder nicht, das Münchner Niederlagen-Triple war perfekt – und die Trainer-Diskussion ist beim Rekordmeister weiter in vollem Gange.

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