Der Druck der Kurven hat etwas gemacht mit einer ganzen Reihe von Bundesligisten, was kritische Medienberichte über das Abstimmungsverhalten von Hannover-96-Geschäftsführer Martin Kind nicht vermocht hatten: Zwölf Clubs – zuletzt auch Darmstadt 98 und Schalke 04 – haben inzwischen kundgetan, dass sie eine Neuabstimmung vor dem von der Deutschen Fußball-Liga geplanten Abschluss mit dem Investor CVC befürworten.
Dass die Meinungsbildung zwei Monate lang dauerte und erst zustande kam, nachdem wochenlang Bundesligaspiele bis zu 30 Minuten lang unterbrochen werden mussten, sagt einiges über die Branche aus. Der Druck von außen war höher als der von innen, obwohl noch am Nachmittag des 11. Dezember unmittelbar nach dem knappsten denkbaren „Ja“ zum Investoreneinstieg mit 24 von 36 Stimmen am Frankfurter Airport schon der dringende Verdacht durchsickerte, dass Kind sein Votum entgegen der Weisung des Muttervereins Hannover 96 e.V. abgegeben haben dürfte.
Seit Jahren ist das Thema 50+1 in der Bundesliga virulent, es ist ewig ausgesessen worden, obwohl es ja zum Himmel schreit, dass etwas RB Leipzig den Geist dieser Regel ignoriert und dass der VfL Wolfsburg und Bayer Leverkusen sie sogar verbandshoheitlich ignorieren dürfen, weil sie sich als Konzernclubs auf Ausnahmeregelungen berufen können. Insoweit muss man Kind ja lassen, dass er jahrelang einen aufrechten Kampf gegen die 50+1-Regel gekämpft hat, erstens, weil er Ausnahmeregelungen aus guten Gründen als unfair erachtet, und zweitens, weil er in dem von ihm alimentierten Club das alleinige Sagen haben will.
Entsprechend dürfte er sich bei der Abstimmung verhalten haben, und auch, wenn er nicht preisgeben mag, wie er abgestimmt hat: Alles andere als ein „Ja“ und somit ein Negieren der Weisung seines mit ihm seit Jahren zerstrittenen Muttervereins wäre unlogisch. Das ist so nicht okay, das wurde umgehend medial angeprangert. Die DFL gab sich anfangs uneinsichtig, lenkt aber nun unter Druck der Fans, Medien und plötzlich renitenten Clubs ein. Lieber spät als gar nicht.
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