Köln/Sapporo – Erst flog Andreas Wellinger (28) auf das Podest, dann stürzte er böse ab: Der zweimalige Olympiasieger erlebte zum Abschluss seiner Weltreise ein Wechselbad der Gefühle. Ein kleiner Pokal und ein knuddeliges Stofftier waren für den Bayern die Ausbeute eines denkwürdigen Wochenendes in Sapporo, an dem Oldie Noriaki Kasai (51) und Rekordjäger Stefan Kraft (30) weitere Kapitel ihrer ganz persönlichen Skisprung-Geschichten schrieben.
Wellinger war auf der Okurayama-Schanze am Samstag Dritter geworden, es war sein zehntes Podium der Saison. Am Sonntag folgte mit Rang 16 aber das zweitschlechteste Ergebnis des Winters. Im Kampf um den Gesamtweltcup verlor Wellinger Rang zwei an Vierschanzentournee-Sieger Ryoyu Kobayashi (27), der in seiner Heimat Japan zweimal Zweiter wurde.
Die Tagessiege gingen an den Österreicher Kraft und Domen Prevc (24, Slowenien). Kraft festigte nicht nur seine Führung im Kampf um die Kristallkugel, sondern holte mit seinem 39. Weltcupsieg in der „ewigen“ Bestenliste auch die Polen Adam Malysz (46) und Kamil Stoch (30) ein. Stoch hat nur noch seinen Landsmann Gregor Schlierenzauer (53 Siege) und den 2019 verstorbenen Finnen Matti Nykänen (46) vor sich.
Für den größten Jubel in Fernost sorgte aber „Flugsaurier“ Kasai. Der älteste Springer der Weltcup-Geschichte sammelte am Samstag als 30. seinen ersten Weltcuppunkt seit März 2019. Auch am Sonntag überstand er die Qualifikation, musste sich beim 571. Weltcup-Start seiner Karriere aber mit Rang 43 begnügen. „Das alles mit 51 Jahren zu schaffen, ist unglaublich“, sagte Kraft.
Aus deutscher Sicht verlief das Wochenende abgesehen von Wellingers Podestplatz enttäuschend. Am Sonntag war Karl Geiger, der zuvor überraschend die Qualifikation gewonnen hatte, als Zwölfter noch bester DSV-Adler – zum zweiten Mal in dieser Saison lag kein Deutscher in den Top Ten. „Schritt für Schritt geht es mit meinen Sprüngen wieder bergauf. Nun freue ich mich wieder auf Zuhause“, sagte Familienvater Geiger nach der langen Dienstreise über Lake Placid und Sapporo.
Auch für Philipp Raimund (21./17.), Felix Hoffmann (27./19.), Stephan Leyhe (16./33.) und Pius Paschke (zweimal 34.) verlief der Ausflug nach Japan eher bescheiden, wie so häufig zuletzt wurde Wellinger zum Einzelkämpfer. Im Kampf um die Kristallkugel fiel er dennoch zurück, mit 1102 Punkten hat er hinter Kraft (1386) und Kobayashi (1181) aber weiter gute Chancen. Dahinter klafft eine große Lücke.
Weiter geht’s am kommenden Wochenende mit dem Skifliegen in Oberstdorf, wo die Veranstalter mit den hohen Temperaturen zu kämpfen haben. Für die DSV-Adler endet damit zumindest der fast zweiwöchige Reisestress. „Endlich geht es heim“, sagte nicht nur Geiger. sid