Tuchel-Entscheidung

Spiel auf Zeit mit Risiko

von Redaktion

MANUEL BONKE

Den gesamten Montag und weite Teile des Dienstags wurden in der Chefetage an der Säbener Straße die Köpfe zusammengesteckt, um einen Weg aus der sportlichen Krise präsentieren zu können. Am Mittwochvormittag teilte der deutsche Rekordmeister das Ergebnis besagter Beratschlagung offiziell mit. Die Überschrift der Presseerklärung lautete: „Neuausrichtung zur neuen Saison: FC Bayern und Thomas Tuchel beenden Zusammenarbeit im Sommer“.

Bereits am Sonntag nach der Pleite in Bochum – es war die dritte Niederlage in Folge – waren sich Vorstandschaft und Aufsichtsrat einig, dass es ein „weiter so“ mit Tuchel als Cheftrainer nicht mehr geben könne. Die Fakten lagen auf der Hand, doch es mangelte den Bossen an Alternativen, die den Trainerposten interimsmäßig oder langfristig übernehmen können. Daher entschied man sich für die kommunizierte Zwischenlösung.

Einerseits erhoffen sich die Verantwortlichen dadurch eine Art Knotenlöser-Effekt, der wieder für sportliche Erfolge sorgen soll – vor allem in der Königsklasse: Intern wurde das Achtelfinal-Rückspiel gegen Lazio Rom zum wichtigsten Spiel der bisherigen Saison auserkoren. Ein Einzug ins Champions-League-Viertelfinale bringt nicht nur Prestige, sondern auch Einnahmen im zweistelligen Millionenbereich.

Andererseits sind die Bayern der Überzeugung, dass die Mannschaft jetzt in der Pflicht steht und keine Trainer-Alibis mehr vorbringen kann. Das Wort „Lame Duck“ im Zusammenhang mit Tuchel verbittet man sich in der Vorstandsetage. Immerhin hänge auch Tuchels Reputation vom sportlichen Abschneiden der Mannschaft ab. So zumindest die Theorie. Ob diese Gedankengänge richtig sind, werden die kommenden Wochen zeigen. Zumindest ist die Entscheidung ehrlich. Beide Parteien wissen früh im neuen Fußballjahr, woran sie sind. Tuchel kann sich bereits nach einem neuen Arbeitgeber umschauen, und der Serienmeister die Nachfolgersuche forcieren. Doch das bayerische Spiel auf Zeit birgt auch großes Risiko: Die Ungewissheit auf der Trainerposition macht es Sportdirektor Christoph Freund und Bald-Sportvorstand Max Eberl nicht einfacher, die angekündigte „sportliche Neuausrichtung“ zu forcieren und potenzielle Transferziele von einem Wechsel nach München zu überzeugen.

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