Tuchel weg – aber erst im Sommer

von Redaktion

Bayern trennt sich nach der Saison vom Trainer, Dreesen nimmt Stars in die Pflicht

VON MANUEL BONKE UND PHILIPP KESSLER

München – Nun ist offiziell, was sich zuletzt nach drei Niederlagen in Serie abgezeichnet hatte: Thomas Tuchel (50) darf zwar vorerst als Trainer des FC Bayern weitermachen. Ab Sommer gehen Coach und Club aber trotz Vertrag bis 2025 getrennte Wege. Dies teilte der deutsche Rekordmeister am Mittwochvormittag via Pressemitteilung mit.

„Wir sind in einem offenen, guten Gespräch zu dem Entschluss gekommen, unsere Zusammenarbeit zum Sommer einvernehmlich zu beenden“, erklärte Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen (56). „Unser Ziel ist es, mit der Saison 2024/25 eine sportliche Neuausrichtung mit einem neuen Trainer vorzunehmen. Bis dahin ist jeder Einzelne im Club ausdrücklich gefordert, um in der Champions League und in der Bundesliga das maximal Mögliche zu erreichen.“ Der CEO nahm in seinem Statement explizit auch die Mannschaft in die Pflicht. „Insbesondere in der Champions League sind wir davon überzeugt, dass wir nach dem 0:1 im Hinspiel bei Lazio Rom im Rückspiel (5. März, Anm. d. Red.) in unserer vollbesetzten Allianz Arena mit unseren Fans im Rücken ins Viertelfinale einziehen werden“, so Dreesen, der bereits tags zuvor mit einer unbedachten Aussage für Aufsehen gesorgt hatte.

Auf dem Weg in die Tiefgarage des Vereinsgeländes wurde er von einem Fan gefragt: „Fliegt Tuchel, oder fliegt er nicht?“ Mit einem Grinsen antwortete Dreesen: „Schaun ma mal…“ Noch am selben Abend stand die einvernehmliche Trennung fest.

Tuchel und Dreesen teilten der Mannschaft die gemeinsame Entscheidung vor dem Training am Mittwoch mit. „Wir haben vereinbart, dass wir unsere Zusammenarbeit nach dieser Saison beenden. Bis dahin werde ich mit meinem Trainerteam selbstverständlich weiter alles für den maximalen Erfolg geben“, wird der Trainer zitiert. Nicht nur für Teile der Mannschaft, auch für Tuchel dürfte das feststehende Aus eine Erlösung sein. Im März 2023 hatte er die Nachfolge von Julian Nagelsmann (36) als Trainer des FC Bayern angetreten. Zwar holte Tuchel mit dem FC Bayern noch am letzten Spieltag den Meistertitel. Das Gefühl, dass Trainer und Verein fremdelten, hatten Beobachter allerdings schon lange.

Vor allem in der aktuellen Spielzeit sah sich Tuchel immer lauter werdender Kritik ausgesetzt. Die Vorwürfe: keine Weiterentwicklung der Mannschaft, keine an der Spielweise erkennbare Handschrift, fehlende Selbstkritik nach Niederlagen, kaum Draht zu wichtigen Stars des Teams. Zur Wahrheit gehört aber auch: Tuchel hatte in dieser Saison mit unglaublich vielen Verletzungen zu kämpfen. Auch seinen Transferwunsch nach einer „Holding Six“ konnte ihm der Club nicht erfüllen. Die Bosse wollten einen Hauruck-Rauswurf wie bei Nagelsmann unbedingt vermeiden. Wichtig war den Entscheidern auch, dass schnell Klarheit für beide Seiten herrscht. Die Münchner haben nun offiziell Zeit, an einer 1a-Nachfolgelösung zu basteln (siehe Text unten). Und Tuchel kann sich ebenfalls nach einer neuen Aufgabe umschauen. Viel wichtiger aber: Die FCB-Chefs hoffen, dass sich die schwächelnde Mannschaft nun an der Ehre gepackt fühlt. Zwar ist der DFB-Pokal schon lange futsch. Aber auch mit acht Punkten Rückstand auf Tabellenführer Leverkusen ist in der Bundesliga und in der Champions League theoretisch noch alles möglich.

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