Kimmich, Goretzka & Co.

Die doch nicht so goldene Generation

von Redaktion

VINZENT TSCHIRPKE

Es ist paradox, wie nah Erfolg und Misserfolg oft beieinander liegen. Schließlich feierte der FC Bayern mit dem Gewinn der Champions League 2020 den erfolgreichsten Moment der jüngeren Vereinsgeschichte – und legte gleichzeitig den Grundstein für die aktuelle Krise. Denn als die Mannschaft vor knapp dreieinhalb Jahren den Henkelpott in den Lissaboner Nachthimmel reckte, waren sich alle einig: Mit der 1995/96er-Generation um Kimmich, Goretzka, Gnabry und Süle hat der Rekordmeister eine Achse, die den Verein und DFB auf Jahre prägen wird. Mit Leroy Sané kam damals ein weiterer Nationalspieler dazu – die Verlockung war also groß, sich und der vermeintlich goldenen Generation auf die Schultern zu klopfen.

Doch die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass sich Erfolge nicht einfach so übertragen lassen. Kimmich ist nicht der nächste Lahm, Goretzka kein Schweinsteiger. Süle war doch nicht auf dem Level eines Hummels’ und „Sanabry“ (Sané & Gnabry) eben nicht die gleichwertigen Nachfolger von Robben und Ribéry. Trotzdem hat diese Generation einen Führungsanspruch entwickelt, an dem zwei der drei renommiertesten deutschen Trainer gescheitert sind. Neuzugänge wurden nicht als ihre Konkurrenten verpflichtet, sondern um sie herum geplant. Nach dem Abgang von Thiago wurde in drei Jahren nie mit der nötigen Konsequenz die Verpflichtung eines dringend gebrauchten Sechsers vorangetrieben, sondern nur Ergänzungsspieler für Kimmich und Goretzka eingekauft.

Genau diese Kaderzusammenstellung führte zur schleichenden Krise, die sich nun in der Entlassung von Thomas Tuchel entlädt. Seit drei Jahren stagniert die Entwicklung des FCB. Mit der DFB-Achse war der Rekordmeister jedoch stets genau so erfolgreich, dass der große Knall abgewendet wurde – zu mehr hat es aber auch nicht gereicht. Die Meisterschaft im Krisenmodus aus dem vergangenen Jahr hat genau diese Stimmung widergespiegelt.

Und so tut der Verein gut daran, bei seinem Umbruch auch Sané, Gnabry und Co. in den Fokus zu rücken. Mit ihren gut dotierten Verträgen müssen sich die Bosse genau überlegen, auf wen sie beim Neustart setzen wollen. Und auch beim DFB sollte offen darüber diskutiert werden, wer die Nationalelf in Zukunft anführen soll.

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