Nach dem Investoren-Aus: Kein Öl ins Feuer

von Redaktion

Die 36 Proficlubs wollen ihre Zweckgemeinschaft nicht gefährden und suchen nach anderen Finanzierungswegen

Frankfurt – Hans-Joachim Watzke grinste sogar kurz bittersüß. Der Aufsichtsratsboss der Deutschen Fußball Liga (DFL) wusste, dass keine Zeit zum Jammern und Motzen bleibt. Nach dem erneut geplatzten Investorendeal verzichtete der Chef auf seine übliche Drohkulisse einer Spaltung. Denn um die drängenden Zukunftsfragen zu beantworten, braucht der Profifußball erst einmal die Zweckgemeinschaft – weiteren Zoff können sich die Klubs zumindest für den Moment einfach nicht leisten.

„Wichtig ist, dass diese Entscheidung jetzt nicht von den Befürwortern dafür genutzt wird, die Spaltung der Ligen zu forcieren. Das wäre in der jetzigen Situation völlig deplatziert“, sagte Geschäftsführer Michael Ströll vom FC Augsburg, dessen Einlassung als repräsentativ gelten darf. „Der Zusammenschluss der beiden Ligen ist ein großes und wichtiges Gut des deutschen Fußballs.“

Und dieses gemeinsame Gut, was am vergangenen Wochenende durch die erstmals höhere Zuschauerzahl in der zweiten Liga als in der Bundesliga eine neue Bedeutung bekommen hat, will so teuer wie möglich verkauft werden. Schließlich geht es in den kommenden Wochen nicht „nur“ um eine Milliarde Euro, die der Investor eingebracht hätte – es geht um das Vierfache. Der Verkauf der deutschsprachigen Medienrechte ab der Saison 2025/26 steht bevor. Noch vor der Heim-EM im Sommer sollen die Verträge bis 2028/29 unter Dach und Fach sein. Dabei handelt es sich um die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Vereine.

Deren Chefs blicken mit Bangen auf den Rechteverkauf, denn der unruhige Markt bereitet große Sorgen. Derzeit erhalten die Vereine der Bundesliga und der 2. Liga rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison – was bereits einem Minus von 100 Millionen im Vergleich zum vorhergehenden Zyklus entspricht. Aufgrund der kolportierten wirtschaftlichen Probleme der möglichen Interessenten wird über einen weiteren Rückgang der Einnahmen unter die Milliardengrenze spekuliert. Um den drohenden Verlust nicht durch interne Streitereien zu vergrößern, vermieden es alle Seiten, nach dem Aus für einen Geldgeber-Einstieg weiteres Öl ins Feuer zu gießen.

Mit Blick auf die Frage, wo nun die von der DFL veranschlagten 600 bis 700 Millionen für die Investitionen in die Zukunft hergenommen werden sollen, braucht es neue Ideen. Es müssten Kredite her – was viele Clubs nicht wollen. Oder die Branche stemmt die Kosten aus eigenen Mitteln – was viele Vereine nicht können.

„Wir müssen ganz neu anfangen“, sagte Watzke. Die DFL wird deshalb in den nächsten Wochen mit den Clubs das weitere Vorgehen erörtern. „Eins ist natürlich klar, die allermeisten werden schon sehen, dass wir was machen müssen, wenn wir uns im Ausland als Bundesliga auch ein bisschen besser präsentieren oder besser vermarkten wollen“, äußerte Watzke. Gefordert sind die DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel. Sie müssen sich noch stärker für die Einführung einer Gehaltsobergrenze auf internationaler Ebene einsetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga halbwegs zu erhalten. Zudem wird es darum gehen, ob die Clubs selbst Investoren an Land ziehen können – wie zuletzt Werder Bremen. Dabei spielt die 50+1-Regel eine große Rolle. Noch immer prüft das Bundeskartellamt die Regelung. Endgültige Rechtssicherheit bei der Investoren-Klausel, die den Muttervereinen die Mehrheit an den Profiabteilungen sichert, ist dringend nötig.  sid

Artikel 1 von 11