München – Diesen Freitag (19.30 Uhr) spielt der EHC Red Bull München gegen Ingolstadt, Tickets gibt es keine mehr. Es ist das zehnte ausverkaufte Spiel dieser Münchner Saison in der Deutschen Eishockey Liga (DEL), auch für die noch verbleibenden Matches (Berlin am 3., Augsburg am 8. März) ist man voll. Gut, die Kapazität der Olympia-Eishalle wurde durch zusätzlich eingebaute Sitzschalen während der Corona-Zeit von 6142 auf 5723 gesenkt – doch für seine Verhältnisse erlebt der Standort München gerade einen Boom. Das hat wohl wie andernorts mit der Eishockeywerbung durch die stark gewordene Nationalmannschaft, Vizeweltmeister 2023, zu tun – und im speziellen Fall auch mit dem Abschiednehmen von einer vertrauten Spielstätte. Nach 57 Jahren geht es hinüber in den SAP Garden.
Es steht also ein Hallen-Umzug an – nicht der erste eines DEL-Clubs. Wie sind die bisherigen Erfahrungen?
1997: Der EC Ratingen wird nach Oberhausen verfrachtet, wo das gigantische Einkaufszentrum CentrO entstanden ist – samt einer hochmodernen Halle mit 10 500 Plätzen. Der Club wird umbenannt in Revierlöwen Oberhausen. In fünf DEL-Jahren wird die Oberhausen Arena kein einziges Mal voll, Rekord sind 9000 gegen Köln. Höchster Saisonschnitt 4300. Die DEL-Lizenz wird nach Ingolstadt verkauft – und Ratingen spielt wieder in Ratingen.
1998: Die Kölner Haie wagen den Quantensprung – vom Eisstadion an der Lentstraße (7200 Plätze) in die Kölnarena (heute Lanxess Arena), in die 18 700 Menschen passen. Mit 16 916 haben die Haie aktuell den höchsten Schnitt in Europa. Die Preispolitik kommt vor allem jugendlichen Besuchern entgegen.
2001: Das Linde-Eisstadion ist stimmungsvoll, aber eine Bruchbude. Doch in Nürnberg beginnt zu den Playoffs die Zeit der Nürnberger Versicherung Arena (7809) neben dem Frankenstadion, die eine von drei Hallen der WM 2001 in Deutschland wird. Der Zuspruch beim DEL-Gründungsmitglied von 1994 ist stabil.
2001: Zunächst für ein paar ausgewählte Spiele, dann dauerhaft wird die anlässlich der Weltausstellung Expo im Jahr 2000 eröffnete Preussag Arena (später TUI und jetzt ZAG Arena) von den Hannover Scorpions bespielt, die 2010 unter Trainer Hans Zach sogar Deutscher Meister werden. Richtige Akzeptanz erführt der Club nicht. Es gibt in Hannover den Ortsrivalen Indians, der im alten Stadion am Pferdeturm spielt – und die Scorpions stammen aus dem Umland der Stadt, aus Wedemark und dem Icehouse Mellendorf. 2013 die Kapitulation, die Lizenz wird nach Schwenningen veräußert. Auch das Turnier um den Deutschland Cup, einige Jahre auf dem Expo-Gelände zu Gast, erzielt nur schwache Resonanz.
2003: In Ingolstadt wird die Saturn Arena bezogen – multifunktional, aber relativ klein (4816). Der Umzug erfolgt nach dem ersten DEL-Jahr im alten Eisstadion an der Jahnstraße, das nach Abbau des Daches noch einige Jahre als Freiluftfläche betrieben wird.
2004: Für die Krefeld Pinguine ging es einfach über die Straße – von der Rheinlandhalle (6714) in den KönigPalast (heute Yayla-Arena) mit Platz für 8029 Leute. Von den Fans wurde das neue Stadion angenommen, doch das Team spielt infolge Investoren-Misswirtschaft derzeit nur in der DEL2.
2005: Die Adler Mannheim zogen vom Friedrichspark (8200 Plätze) in die SAP Arena (13 600). Ein Erfolg. Das alte Stadion blieb noch stehen, es fanden Inline-Spiele statt. 2023 war der Abriss aber nicht mehr aufzuhalten.
2006: Es war vor allem in den 80er-Jahren Kult, in Düsseldorf zum Eishockey an die Brehmstraße zu gehen, Dauerkarten wurden weitervererbt. In den 90ern ließ der Boom nach – und er lebte nach dem Umzug in den ISS Dome (derzeitiger Name: PSD Bank Dome) nie mehr richtig auf. Mit einem Fassungsvermögen von 14 282 gilt die Halle als überdimensioniert. teilweise wird der Oberrang bei DEG-Spielen verhüllt. Fans kritisieren die schlechte Erreichbarkeit mit dem Öffentlichen Nahverkehr im Stadtteil Rath.
2008: Den krassesten Kontrast musste der Anhang der Eisbären Berlin verarbeiten. Angestammte Heimat war der legendäre Wellblechpalast, liebevoll „Welli“ genannt, im Sportforum Hohenschönhausen, einer Schmiede des DDR-Sports. Die 1999 eingestiegene amerikanische Anschutz Entertainment Group sah den Club als Baustein einer Verwertungskette, zu der eine moderne Veranstaltungshalle gehört – darum baute Anschutz am Ostbahnhof eine Arena für 13 600 Besucher; der „Welli“ hatte nur 4695 fassen können. Heute lebt Eishockey-Berlin in einem funktionierenden Kompromiss: Die Arena (erst O2-World, dann Mercedes-Benz-Arena, demnächst Uber Arena) ist radikal kommerzialisiert, doch Trainingsheimat blieb der „Welli“, der Anhang feuert „Dynamo“ an (der Name aus der DDR-Zeit) und trifft sich vor und nach den Spielen am „Fanbogen“, der trotz weiterer Bautätigkeiten in der Gegend erhalten blieb.
Erstaunlich: Die meisten neuen Arenen der DEL entstanden in den Nullerjahren. Bis zum Red-Bull-Projekt in München herrschte aber keineswegs Stillstand: In Straubing, Augsburg, Schwenningen und Iserlohn wurden die bestehenden Hallen renoviert und umgebaut.