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von Redaktion

Bayern schlägt Leipzig, Kane trifft – doch das Thema bleibt Tuchel

VON MANUEL BONKE UND VINZENT TSCHIRPKE

München – Thomas Tuchel wusste, welche Bilder er da in die Fußball-Welt sendete. Der Trainer des FC Bayern verfolgt weite Teile des 2:1 (0:0) gegen RB Leipzig von einem silbernen Aluminium-Koffer aus, den er demonstrativ inmitten der Münchner Coaching-Zone platziert hatte. Die Schlussfolgerung, dass Tuchel nach dem beschlossenen Aus am Saisonende auf „gepackten Koffern“ sitzt, war naheliegend.

Eine entsprechende Nachfrage ließ auf der Pressekonferenz nach dem 1000 Bundesliga-Heimspiel (nur 90 Niederlagen!) der Bayern-Historie nicht lange auf sich warten. „Genau so war es gedacht. Das habe ich extra mitgebracht von zu Hause. In dem Aluminiumkoffer sind alle Sachen schon gepackt. Deshalb haben wir das so gemacht. Schön, dass es so angekommen ist“, antwortete der Fußballlehrer mit beißender Ironie.

Wegen der anhaltenden Verletztenmisere und der Gelbrot-Sperre von Verteidiger Dayot Upamecano war die Hintermannschaft des deutschen Rekordmeisters mal wieder arg dezimiert. Also musste Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger in der Viererkette ran – jene Position, die für ihn auch bei der anstehenden Europameisterschaft im eigenen Land vorgesehen ist. Kein ungewohntes Terrain für Kimmich, immerhin schaffte er auf dieser Position sowohl beim FC Bayern als auch der Nationalmannschaft den Durchbruch. Auch am Sonntag meisterte er die neue Aufgabe problemlos.

Dass die Bayern die Negativserie von drei Pleiten in Folge stoppen konnten, war letztlich der Abschlussstärke von Harry Kane zu verdanken. Mit einem Doppelpack nach der Halbzeit (56., 90.+1) schoss der Engländer die Münchner im Alleingang zum Last-Minute-Sieg – obwohl es nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich von Benjamin Sesko (70.) lange Zeit nach einer Punkteteilung aussah.

Für mehr Aufmerksamkeit sorgten ohnehin die Dinge, die sich nach Abpfiff in den Katakomben abspielten. Als Vorstandschef Jan-Christian Dreesen gegen 21 Uhr vor die Mikrofone in der Mixed Zone trat, versicherte er nochmals, dass die Trennung zwischen Verein und Trainer einvernehmlich abgelaufen sei: „Wir sind zusammen gewesen und haben gemeinsam gesprochen und haben miteinander entschieden, dass es für die Mannschaft, den Club und auch für ihn selber besser ist, wenn wir im Sommer auseinandergehen, dass wir einen Neuanfang machen.“ Wenige Meter entfernt flimmerte ein Interview von Tuchel über die Bildschirme, das der Trainer parallel bei Sky gab. Und das erweckte den Anschein, dass die Trennung doch nicht so einvernehmlich gesehen ist.

Auf die Frage, ob er selbst gerne weitergemacht hätte, antwortete Tuchel kurioserweise: „Da bin ich überfragt“. Auf den Hinweis, dass sein Vertrag noch bis 2025 gelaufen wäre, entgegnete der Coach vielsagend: „Dann haben Sie es ja selbst beantwortet“. Im ZDF-Sportstudio legte der Chefcoach zur gleichen Thematik noch mal nach – und ließ auch bei diesem Auftritt viel Raum für Spekulationen und Interpretationen: „Ich werde keine Details zum Vier-Augen-Gespräch geben. Aber ich bin trotzdem Arbeitnehmer. Und als Arbeitnehmer haben Sie nicht immer alle Optionen, haben Sie nicht immer alle Trümpfe in der Hand.“

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