Nürnberg/München – „Kompliment an Turtle“, sagte Patrick Hager, Kapitän des EHC Red Bull München. Turtle? Das ist ein Spitzname. Der von Niklas Treutle, Torwart der Nürnberg Ice Tigers. „Turtle“ hat eine phonetische Ähnlichkeit – und es ist das englische Wort für „Schildkröte“. Als solche kann man einen gut gerüsteten und gepanzerten Eishockey-Torhüter durchaus sehen. Und Schildkröte Treutle, der auch mal für München spielte (2013/14 – dann ging er nach Nordamerika, spielte sogar ein bisschen NHL), ließ die Angriffe des EHC unbeeindruckt abprallen. Die Folge: ein Sieg des Außenseiters. Die um den letzten Pre-Playoff-Platz kämpfenden Franken besiegten Meister München mit 2:1 (1:0, 0:0, 1:1).
Wobei: Die Dramaturgie des Spiels wies noch eine andere tragende Säule neben Niklas Treutle aus. Und zwar Evan Barratt. Der US-Amerikaner entschied die Partie, als man sich schon auf eine Verlängerung einstellen konnte. 17,4 Sekunden vor Ablauf der 60 Minuten schlenzte er den Puck an Daniel Allavena (er vertrat den pausierenden Mathias Niederberger) vorbei zum 2:1 ins Netz. In der Nürnberger Arena herrschten unter den 7123 Zuschauenden ekstatische Zustände. Und Niklas Treutle meinte: „Es war ein Weltklassegefühl, von hinten zu sehen, wie Barry so ein Tor schießt.“
Das letzte Drittel hatte für den EHC München noch gut begonnen, nach 50 Sekunden glich Veit Oswald mit seinem zehnten Saisontreffer den 0:1-Rückstand (Daniel Schmölz, 15. Minute) aus. Unter Nürnbergs Verteidigern hatte ein Missverständnis zu Lasten von Niklas Treutle stattgefunden. Patrick Hager fand, „dass wir ab dem zweiten Drittel unzählige Chancen hatten“. Was nicht so klappte, war das Überzahlspiel, „da hätten wir mal eine Chance nutzen müssen“. Das Penalty-Killing des EHC indes war gut, im letzten Drittel wurden vier Unterzahl-Minuten am Stück überstanden.
Mit den Entscheidungen der Schiedsrichter war die Münchner Seite nicht glücklich. Patrick Hager hatte beim tschechisch-slowakischen Duo Martin Frano/Juraj Konc Gesprächsbedarf, wollte sich gegenüber MagentaSport jedoch nicht zu konkreten Inhalten äußern. Weil die DEL auf Kritik umgehend mit Geldstrafen reagiert, „bin ich lieber leise“. Aber unverständlich war es schon, warum Nürnbergs 1:0-Schütze Daniel Schmölz bei einem Stockschlag auf den Mund von EHC-Stürmer Yasin Ehliz im letzten Drittel straflos davonkam.
Wie schon im Januar verlor München das Derby in Nürnberg 1:2. Damals war Elis Hede der Spieler, der für die Ice Tigers das Siegtor erzielte. Diesmal traf er selbst zwar nicht, war aber Sieger im Duell mit seinem Vater Niklas. Der stand beim EHC neben Cheftrainer Toni Söderholm an der Bande. Der eigentliche Co-Trainer Pekka Kangasalusta fällt weiterhin mit einer Gehirnerschütterung aus. „Er hatte einen Rückschlag“, so Söderholm.
Der Sonntag gehörte den Nürnbergern, die aus dem Gröbsten raus sind. Treutle „Wir hatten als Mannschaft eine schwere Zeit mit vielen Verletzungen, sind dann aber zusammengewachsen. Bei mir persönlich ging es nach der Geburt meines ersten Sohnes bergauf, ich habe immer an mich geglaubt.“ Und Patrick Hager gratulierte.