Reporter-Legende Uli Köhler – seit bald 50 Jahren im Kosmos des FC Bayern als Berichterstatter unterwegs und als einfühlsamer Mensch bekannt – wandte sich angesichts seiner ellenlange Aufgabenliste (Trainersuche, Kaderumbau, Hoeneß-Fußstapfen) mit besorgter Stimme an Max Eberl: „Das ist ein Rucksack, der ist ja unmenschlich, fast nicht zu leisten. Bist du dir dessen bewusst?“ Der neue Sportvorstand fiel dem Sky-Mann mit einem Grinsen ins Wort: „Uli, ich habe schon unterschrieben – ich kann nicht mehr zurück!“ Eberl hatte mit diesem Kommentar die Lacher auf seiner Seite. An rhetorischer Schlagfertigkeit mangelt es dem neuen Sportchef schon mal nicht. Das war aber nur eine Randnotiz nach dem ersten öffentlichen Auftritt von Eberl in neuer Funktion.
Der erfahrene Bundesliga-Manager präsentierte sich authentisch, charmant und demütig. Eberl flüchtete sich zu keinem Zeitpunkt in Floskeln, sondern beantwortete jede Frage nach bestem Gewissen und Wissen – das er zum jetzigen Zeitpunkt haben kann. Selbst die Nebendarsteller auf dem Podium, Präsident Herbert Hainer und Vorstandschef Jan-Christian Dreesen, schienen vom Auftritt des neuesten Vorstandsmitglieds beeindruckt. Im Verein dürften man spätestens jetzt verstanden haben, warum Club-Patron Uli Hoeneß die Inthronisierung seines „Ziehsons“ seit langer Hand plante und nie davor zurückschreckte, mehrere Anläufe zu wagen. Mit seiner eloquenten Kommunikation vermittelte der 50-Jährige am Dienstag in der Allianz Arena glaubhaft den Eindruck, eine Ära in München prägen zu wollen. Nicht von heute auf morgen, sondern über die nächsten Jahre hinweg. Der neue Mister FC Bayern ist in der Entwicklung.
Um dieser Vision gerecht zu werden, möchte Eberl laut eigener Aussage einen Kader bauen, „bei dem man die Nachhaltigkeit erkennt, die Wiedererkennbarkeit hat, die Identifikation auch für die Menschen“. Ein kluger Ansatz. Darüber hinaus ist er überzeugt, dass es auch in München möglich sein muss, „Bayern erfolgreich zu führen, zu Titeln zu bringen und trotzdem eine Entwicklung zu gestalten“. Ein sehr kluger Ansatz. Nun liegt es an ihm, Theorie und Praxis zusammenzuführen. Für Eberl bleibt zu hoffen, dass seine Kollegen aus der Führungsetage mit der Strahlkraft des neuen Mannes umgehen können – und auch wollen. Für Eitelkeiten bleibt keine Zeit.
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