Heerenveen – Horst Hrubesch weiß, wie es geht. Der große Hoffnungsträger hat schon gegen die Niederlande getroffen, als Alexandra Popp und all die anderen noch nicht einmal geboren waren. Auf den letzten heißen Tanz um Olympia schwor der Interims-Bundestrainer die deutschen Fußballerinnen daher mit guten Erinnerungen an den Klassiker ein.
„Das waren immer Spiele, die brisant waren und Spaß gemacht haben“, schwärmte Hrubesch vor dem Showdown am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) in Heerenveen. Doch das war 1980, es sind quasi Geschichten aus einem anderen Leben – in der Gegenwart steht auch Hrubeschs Traum von den Sommerspielen in Paris auf dem Spiel. „Wir haben die zweite Chance“, mahnte der 72-Jährige vor dem kleinen Finale der Nations League: „Jetzt werden wir versuchen, den Schritt zu Olympia zu machen. Wir wollen das Spiel selbst machen und entscheiden.“
Denn ein Scheitern seiner Mission würde nicht nur Hrubeschs zweite Amtszeit als Nothelfer bei den DFB-Frauen beenden. Sieben Monate nach dem WM-Desaster in Australien wäre es der nächste Tiefschlag für den deutschen Frauenfußball. „Brutal wichtig“ sei die Qualifikation nach dem Krisenjahr 2023, betonte auch Kapitänin Popp bei Sky: „Es braucht Erfolg, um sichtbar zu bleiben.“ Oder wie es der frühere Bayern-Trainer und Bondscoach Louis van Gaal einst ausdrückte: Tod oder Gladiolen..
„Wir sind uns der Situation sehr wohl bewusst, werden uns ordentlich darauf einstellen, sowohl physisch als auch emotional“, sagt Abwehrchefin Marina Hegering. „Deutschland – Holland oder Holland – Deutschland ist immer ein ganz heißes Spiel – und das wird bei uns auch so sein.“ Nach der 1:2-Niederlage gegen Frankreich am vergangenen Freitag in Lyon, als die erste Olympia-Chance vergeben wurde, stehen die DFB-Frauen gegen die WM-Zweiten von 2019 enorm unter Druck.
Geht es schief, dann stünde das Team wohl vor einem Umbruch. Kapitänin Alexandra Popp hatte schon nach der EM 2022 sowie WM 2023 Rücktrittsgedanken geäußert. Ob die Wolfsburgerin, deren Vertrag beim VfL bis 2025 läuft, bis zur Europameisterschaft 2025 in der Schweiz weitermacht, gilt als fraglich. „Die Gedanken habe ich ja jetzt tatsächlich schon länger. Natürlich beschäftige ich mich mit dem Thema auch weiterhin ein Stück weit“, sagte die 32-Jährige in einem Sky-Interview, betonte aber: „Es gibt da keine Entscheidung oder sonst irgendwas.“ Auch die Zukunft ihrer Clubkolleginnen Hegering und Svenja Huth (beide 33) ist offen. Zur Ü30-Fraktion gehört auch Kathrin Hendrich (31).
Seit 2016 – Olympia-Gold in Rio de Janeiro – haben die zweimaligen Weltmeisterinnen und achtmaligen Europameisterinnen keinen Titel mehr gewonnen, auch wenn sie als EM-Zweite 2022 für einen Boom sorgten.
Interims-Bundestrainer Hrubesch hört auf, wenn die Spiele verpasst werden. Popp wünscht sich den scheidenden Liverpool-Coach Jürgen Klopp, „das würde ich feiern, muss ich sagen“.
Mit einer süffisanten Bemerkung brachte die derzeit vereinslose Nationaltorhüterin Almuth Schult zuletzt einen Prominenten ins Gespräch: „Es gibt ja noch einen Trainer, der verpflichtet ist, beim DFB unter Vertrag steht. Wenn man gar niemand findet, vielleicht wird’s ja Hansi Flick“, sagte die 33-Jährige.