50+1 wieder am Prüfstand

Keine Regel mit Ausnahmen

von Redaktion

JAN-CHRISTIAN MÜLLER

Martin Kind ist in den vergangenen Wochen scharf kritisiert worden. Von allen Seiten hat der Vollblut-Unternehmer Saures bekommen. Der Geschäftsführer von Hannover 96 gilt im deutschen Profifußball als das Feindbild Nummer eins unter den Fans, erst recht den eigenen Ultras in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Eines muss man dem 79-Jährigen bei nüchterner Betrachtung lassen: Er argumentiert nachvollziehbar bei seiner Fundamentalkritik an der 50+1-Regel, die er sicher nicht ganz uneigennützig weghaben will. Diese Regel wird nach dem gescheiterten Investorenprozess der Deutschen Fußball-Liga öffentlicher diskutiert denn je. Seit Jahren schon zerbricht sich das Bundeskartellamt den Kopf über die Regel, die Bundesligavereine vor dem Übergriff durch externe Investoren schützen soll, aber nicht für die Konzernclubs Bayer Leverkusen und den VfL Wolfsburg und de facto auch nicht für RB Leipzig gilt. Diese drei Ausnahmeregelungen machen die Regel unfair und verzerren den Wettbewerb.

Streng genommen müsste die Behörde 50+1 als Hüter eines freien Wettbewerbs in aller Konsequenz verbieten. Aber das traut sie sich womöglich nicht angesichts der öffentlichen Meinung und der Macht des deutschen Profifußballs, der 50+1 verteidigt. Ergo hat seie bereits durchblicken lassen, dass sie die monströse Regel schon irgendwie durchwinken will. Und zwar in der Form, dass das Trio weiterhin 50+1 ignorieren darf und alle anderen Clubs nie im Leben denselben Status erreichen können.

Oder doch? Der gewiefte Martin Kind etwa hat schon vor Jahren in einem Vertrag mit dem Mutterverein dafür gesorgt, dass 50+1 bei Hannover 96 nicht gilt. Jedenfalls kann der Verein – mit Plazet der DFL – seinen ungeliebten Geschäftsführer nicht mal eben vom Hof jagen. 50+1 steht nun wieder auf dem Prüfstand.

Man kann die Regel ja auch gut finden, aber dann müssten halt für alle dieselben Spielregeln gelten. Ehrlich gesagt, wäre es ein ziemlicher Skandal, wenn die Behörde sich über den Tisch ziehen lassen und den deutschen Fußball auch künftig mit der 50+1-Regel inklusive Ausnahmeregelungen für Konzernclubs leben lassen würde.

Die Mitglieder jedes Clus müssten, wenn ein Investor daherkommt, ganz demokratisch vorher gefragt werden und könnten ihr Veto einlegen. Das ist Demokratie. Nicht eine Regel, die nicht alle einhalten müssen.

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