München – Wenn Max Eberl morgen offiziell seinen neuen Job als Sportvorstand des FC Bayern antritt, braucht er ein Büro an der Säbener Straße. Wie unsere Zeitung erfuhr, wird der 50-Jährige die Räumlichkeiten des scheidenden Technischen Direktors Marco Neppe beziehen. Das hat auch damit zu tun, dass sich im Büro von Eberl-Vorgänger Hasan Salihamidzic bereits Sportdirektor Christoph Freund Zeit eingerichtet hat.
Es gibt viel zu tun im zweiten Stock der Bayern-Geschäftsstelle: Neues Management, neue Spieler, neuer Trainer – der deutsche Rekordmeister steht vermutlich vorm größten Umbruch der Vereinsgeschichte. Sollte dieser scheitern, befürchtet man auf Chefetage, dass die Münchner im schlimmsten Fall wie Manchester United enden und mit falschen Zukunftsentscheidungen von der Spitze des europäischen Fußballs in Bedeutungslosigkeit im internationalen Vergleich fallen könnten.
Zur Erinnerung: Nach dem Champions-League-Sieg im Sommer 2020 kam der FC Bayern nie über das Viertelfinale der Königsklasse hinaus. Es gibt aber auch ein Positiv-Beispiel, an das sich die Bayern halten können: Real Madrid.
Umbruch: In den vergangenen Jahren verließen Real zahlreiche Leistungsträger wie Cristiano Ronaldo (39), Karim Benzema (36), Sergio Ramos (37) oder Marcelo (35), doch die Spanier verpflichteten bereits frühzeitig talentierte Spieler wie Eder Militao (26), Federico Valverde (25), Vinicius Junior (23) oder Rodrygo (23), die diese Lücken geschlossen haben und mittlerweile absolute Leistungsträger sind. Gleichzeitig wurden gestandene Stars wie David Alaba (31), Antonio Rüdiger (30) oder Joselu (33) verpflichtet, die keine lange Eingewöhnung brauchten. Ebenso wie 100-Millionen-Mann Jude Bellingham (20). „Natürlich werden wir auch schauen, dass wir Stars finden. Ob die realisierbar sind, wird sich zeigen. Aber wir wollen auch die Entwicklung von Spielern wie Matyhs Tel fördern“, erklärte Eberl.
Talente: Die noch vorhandene Ü-30-Fraktion im Mittelfeldzentrum um Toni Kroos (34) und Luka Modric (38) bekam mit Aurelien Tchouameni (24) und Eduardo Camavinga (21) jüngere Vertreter ihrer Spielmacher-Zunft an die Seite gestellt, die nun eine nicht unerhebliche Rolle im königlichen Spiel haben. „Anderen großen Vereine wie Real Madrid ist es gelungen, Camavinga und Tchouameni in ein Mittelfeld mit Kroos, Modric und Casemiro zu integrieren“, sagte der neue Bayern-Sportvorstand, als er bei seiner Vorstellung auf den schwierigen Spagat zwischen Umbruch und Titelpflicht angesprochen wurde. Dass es Real-Trainer Carlo Ancelotti nicht gelingt, jedes Talent dauerhaft in die Profi-Mannschaft zu integrieren zeigt das Beispiel von Arda Güler (19). Der junge Türke wechselte im Sommer für 20 Millionen in die spanische Hauptstadt, spielt dort aber noch überhaupt keine Rolle.
Verträge: Valverde und Camavinga stehen bis 2029 unter Vertrag, Rodrygo und Tchouameni bis 2028, mit Vinicius Junior (bis 2027) soll bald verlängert werden. Die Bayern hingegen lassen sich bei Leroy Sané, Joshua Kimmich oder Alphonso Davies (alle Verträge bis 2025) extrem lange Zeit und riskieren so, einen ablösefreien Abgang der Stars. „Natürlich ist es nicht schön, Spieler ablösefrei zu verlieren, das möchte kein Club – auch Bayern München nicht. Denn wenn man keine Verlängerung erreichen würde, müsste man vorher natürlich agieren“, stellte Eberl klar. Vor allem bei Jamal Musiala (21) sollten die Verantwortlichen frühzeitig handeln, um das Jahrhunderttalent nicht an einen anderen Spitzenclub, wie beispielsweise Real, zu verlieren.
Verletzungen: Wie Bayern hat auch Real diese Saison mit extrem vielen Verletzungen (knapp 30) zu kämpfen. Mit Torwart Thibaut Courtois und dem Innenverteidiger-Duo Militao und Alaba befinden sich aktuell drei Spieler in der Reha nach einem Kreuzbandriss. Allerdings: Die Madrilenen jammern nicht, ihre Stars bringen auch auf ungewohnten Positionen Leistung. So musste Mittelfeldmann Camavinga bereits als Linksverteidiger aushelfen.