München – Was der EHC Red Bull München am Sonntagnachmittag gerne gehabt hätte: einen Statement-Sieg. Eine Ansage in Richtung der Eisbären Berlin, die noch um Platz eins kämpfen, und an die Deutsche Eishockey Liga (DEL), dass mit dem Meister in den Playoffs zu rechnen sein würde. Und ein Sieg sollte auch den EHC selbst bestätigen, dass rechtzeitig vor der wichtigen Phase der Saison die Abläufe stimmen und man in der Form ist, um den Titel mitzuspielen.
Die Realität aber ist, dass der EHC gegen die Eisbären Berlin unterging. 3:6. Die alten Fehler, durch Scheibenverluste in der Offensive gegnerische Konter zuzulassen, tauchten auf wie ein Gespenst aus einer bewältigt geglaubten Vergangenheit. Der 51. von 52 Hauptrunden-Spieltagen ist so ziemlich der ungünstigste Zeitpunkt, um Zweifel aufkommen zu lassen. Das verbleibende Match gegen die Augsburger Panther, den Letzten der DEL, am Freitag wird nicht ausreichen, um sich die gewünschte breite Brust zu erspielen. „Wir können es aber ummünzen und sagen: Jetzt wissen wir, wo wir stehen. Wer weiß, wofür das Ergebnis gut war?“, versuchte sich Torhüter Mathias Niederberger an einer halbwegs noch optimistischen Vorausschau auf das Viertelfinale (ab 16. März), für das man den Gegner kennt: Wolfsburg.
Nach jetzigem Stand als Tabellenfünfter müsste der EHC aber auswärts beginnen. Er kann bei einem Sieg über Augsburg noch Vierter werden, wenn Wolfsburg seinen Punkt Vorsprung in Straubing verdaddelt – doch schon jetzt steht fest, dass die Münchner ihre schlechteste Hauptrunden-Platzierung seit 2013/14, der ersten Red-Bull-Saison (Siebter), hinnehmen müssen. Sie waren sonst immer Erster oder Zweiter.
Warum der klare Einbruch gegen Berlin? Trainer Toni Söderholm überraschte mit seiner Erklärung: „Uns hat die mentale Energie gefehlt.“ Im Februar war die DEL für eine Länderspielmaßnahme unterbrochen worden, der EHC fühlte sich frisch, der Kalender war überschaubar mit nur einem Unter-der-Woche-Spieltag. Söderholm verweist „auf die fünf Spiele in zwei Wochen“, besonders auf die „auswärts in Frankfurt und Iserlohn“. Zwar Teams aus den unter(st)en Regionen der Tabelle, aber im Abstiegskampf eben zum Einsatz der letzten Reserven gezwungen. Dazu: „Einige Personalien auf der Minusseite. Das könnte ein Grund sein.“
Neben Dominik Bittner, dessen Saisonende schon länger feststeht, fielen zuletzt Adam Almquist, Ben Street, Ben Smith und am Sonntag mit Erkrankung Veit Oswald aus. Jedoch kehrten Nico Krämmer, Chris DeSousa und Maxi Kastner zurück. Mysteriös mutet der Fall Street an: Der Stürmer fehlt seit Wochen, doch es gab vereinsseitig nie eine offizielle Verlautbarung. Söderholm sagt: „Er war nicht fit, um zu spielen, er hat sich rehabilitiert. Diesmal war es schon 50:50, ob er spielen kann.“ Es reichte aber doch wieder nicht.
Wenn der EHC seinen Kader durchgeht und sich die individuelle Klasse vieler seiner Spieler vor Augen führt, entwickelt er noch Zuversicht. „Wir sind von den Spielern und Trainern her top besetzt“, findet Mathias Niederberger, „da steht nichts im Wege.“ Und die vorjährigen Playoffs hätten den EHC „öfter im Rückstand“ erlebt, gegen Bremerhaven und Wolfsburg – trotzdem wurde man Meister. „Wenn alles glatt liefe, würde man sich keine Sorgen und Gedanken machen. Jetzt kann man noch Details ausmerzen.“