München – Humpelnd und in Begleitung von Mannschaftsarzt Prof. Dr. Roland Schmidt verließ Thomas Tuchel die Katakomben der Allianz Arena. Der Chefcoach des FC Bayern wurde bis kurz nach Mitternacht in seiner Trainer-Kabine medizinische versorgt, weil er sich bei seiner Mannschaftsansprache den Zeh gebrochen hatte.
„Die Motivationsrede vor dem Spiel hat mich meinen großen Zeh gekostet. Ich wurde direkt versorgt. Aber ich hatte keinen Mut mehr, aus dem Schuh herauszugehen, weil ich glaube, dass ich dann nicht mehr reinkomme“, sagte der humpelnde Coach nach dem Viertelfinal-Einzug (3:0) und verriet, dass er gegen eine Kiste getreten habe.
Im Laufe des Abends gab es jedoch verschiedene Versionen, wie sich Tuchel die Verletzung zugezogen hatte. Während Joshua Kimmich darauf bestand, dass der Trainer gegen die Türe trat, registrierte Thomas Müller den Vorfall nur am Rande: „Das habe ich nicht mitbekommen, aber ein bisschen Schwund ist immer. Profisport ist immer auf Kante genäht, nur mit Früchtetee machen wir das nicht.“ Und Präsident Herbert Hainer scherzte: „Mir persönlich ist es lieber, der Trainer bricht sich den Zeh als einer unserer Spieler.“
Wehleidig war Tuchel auf alle Fälle nicht, seine Verletzung kühlte er kurzerhand mit einem kräftigen Spritzer Eisspray. „Vielleicht haben sich die Spieler gewundert, dass ich 90 Minuten gesessen habe“, scherzte der Fußballlehrer. Den „Lame-Duck“-Vorwürfen tritt Tuchel mit seinem Emotionsausbruch wortwörtlich entgegen. Das honorieren auch die Spieler. „Für den Trainer ist die Situation total ungewöhnlich, und dafür macht er es herausragend“, verriet Neu-Rechtsverteidiger Kimmich: „Das ganze Trainerteam ist hoch motiviert. Man könnte es an deren Stelle ja auch anders angehen und sagen: Jetzt ist es uns scheiß egal. Das machen die wirklich top.“
Schon vor Anpfiff und weit vor seiner Zeh-Verletzung stand Tuchel mal wieder im Fokus. Es wurde spekuliert, wie der deutsche Rekordmeister denn mit seinem Trainer verfahren werde, sollte er aus der Königsklasse ausscheiden. Die Antwort der sportlichen Leitung um Sportvorstand Max Eberl („Ja, momentan gibt es keine andere Meinung“) und Sportdirektor Christoph Freund („Daran verschwenden wir keinen Gedanken“) war unmissverständlich – und nach Abpfiff auch unerheblich.
Durch den Sieg gegen Lazio und dem damit verbundenen Einzug in die Runde der besten Acht wird Tuchel auf alle Fälle seinen Job bis Saisonende erfüllen. „Das haben wir ja immer gesagt“, erinnerte Hainer und stellte klar: „Wir machen das nicht von einem Spiel abhängig.“
Nun gilt Tuchels voller Fokus der Partie gegen Mainz am Samstag (15.30 Uhr, Sky). Eberl fasste die aktuelle Situation wie folgt zusammen: „Wir sind auf dem Weg der kleinen Schritte, das war heute ein Erfolgserlebnis. Mit dem Rückenwind wollen wir in die Spiele gegen Mainz und Darmstadt gehen“. Mit einem humpelnden Thomas Tuchel an der Seitenlinie.