Der Regisseur

von Redaktion

Lothar Matthäus (62) ist immer mitten im Geschehen – ob seit Jahren als Sky-Experte oder früher als ehemaliger Weltklasse-Fußballer. Der Rekordnationalspieler trug einst die Rückennummer Zehn, auf den Websites der Deutschen Hall of Fame des Sports und des FC Bayern wird er als Spielmacher bezeichnet. Obwohl er selbst sich selbst nie so wahrgenommen hat. „Aus meiner Sicht waren das andere Spielertypen. Ich denke dabei eher an elegante Fußballer wie Felix Magath, Hansi Müller, Bernd Schuster oder Diego Maradona“, erklärt Matthäus: „Früher musste man als Spielmacher gar nicht nach hinten arbeiten. Andere haben ihnen den Rücken freigehalten. Günter Netzer etwa hatte Rainer Bonhof. Auch ein Wolfgang Overath hatte seine Wasserträger.“

Fakt ist aber auch: Matthäus hat in seinen Mannschaften immer wieder das Spiel angekurbelt und als Libero oder im Mittelfeld-Zentrum selbst Regie geführt. Ja, er war mit Defensivaufgaben beschäftigt. Aber er hat auch offensiv immer wieder für Furore gesorgt. Schlussendlich lief quasi jeder Angriff über den Weltmeister von 1990 und Weltfußballer von 1991. „Ich war auf meine eigene Art Spielmacher“, findet Matthäus. „Ich habe viel nach hinten gearbeitet, Zweikämpfe geführt und versucht, nach Balleroberung das Spiel schnell zu machen. Ich wollte auch offensiv meine Vorderleute in Szene setzen, Assists geben oder mit Schüssen aus der Distanz selbst Tore schießen.“

Mit seiner Spielweise hat Matthäus den Fußball geprägt. Die klassischen Schöngeister gibt es kaum noch. „Zu meiner Zeit waren die Spielmacher die Zehner. Genau diesen Spielertyp sehe ich heute nicht mehr“, so Matthäus, der mit seiner Spielweise offenbar seiner Zeit voraus war. „Jamal Musiala kommt dem klassischen Spielmacher am nächsten. Er geht mit Dribblings in die Spitze“, sagt er. Leverkusens Florian Wirtz (20) sei ähnlich, wie der Bayern-Star. Matthäus: „Heutzutage haben die Kreativspieler aber auch Defensivaufgaben ohne Ball. Das ist der große Unterschied zu früher. Ich würde sagen, mittlerweile gibt es die hängenden Spielmacher.“ Stellt sich die Frage: Wann hatte der FC Bayern denn den letzten klassischen Spielmacher? Matthäus denkt dabei an Real-Regisseur Toni Kroos (34), der 2014 nach Madrid gewechselt war. „Toni Kroos war so einer. Aber einer, der mehr von der Achter-Position agiert. Das macht er ja auch noch bei Real Madrid“, analysiert Matthäus. Auch Leverkusens Erfolgstrainer und früheren Bayern-Star Xabi Alonso (42) sieht er in einer ähnlichen Kategorie, aber eine Position weiter hinten. „Alonso war für mich ebenfalls ein Spielmacher von der Sechs heraus“, meint Matthäus. „Ich denke auch an Bastian Schweinsteiger, aber auf seine Art. Joshua Kimmich könnte man ebenfalls als hängenden Spielmacher bezeichnen.“ So dynamisch und mit Stärken in der Defensive als auch Offensive war nach ihm aber wohl kein Regisseur mehr. PHILIPP KESSLER

Steckbrief

Geboren: 21. März 1961 in Erlangen. – Vereine: Mönchengladbach, FC Bayern, Inter Mailand, New York Metro Stars. – Spiele/Tore: Bundesliga 464/121, DFB-Pokal 59/19, Serie A 115/40, Champions League, Landesmeister-Pokal 46/5, Nationalmannschaft 150/23. – Positionen: Libero 149 Spiele, Def. Mittelfeld 133, Off. Mittelfeld 66, Zent. Mittelfeld 58, Innenvert. 13, Außenverteidiger 11.

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