Als Bayer Leverkusen am Donnerstagabend im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League beim aserbaidschanischen Club Quarabag 0:2 zurücklag, haben wir uns kurz vorgestellt, Xabi Alonso wäre (schon) Trainer des FC Bayern und würde mit den Münchnern auf ein solches Missgeschick zusteuern. Auf der Pressetribüne liefe die Schlagzeilen-Schmiede heiß: „Verzockt! Alonso rotiert die Siegesserie weg.“ Und aus der Loge könnte man ein Rummeniggesches Schnauben vernehmen: „Fußball ist keine Mathematik.“
Alonso coachte seine Leverkusener aber noch zu einem 2:2, indem er seiner B-Elf durch Einwechslungen A-Klasse verlieh. Unterm Strich vermag man darin ein strategisches Meisterwerk sehen: Der Trainer hatte in seinem Kader Spielzeit verteilt und die Reservisten bei Laune und gleichermaßen auch in Demut gehalten. Und es gelang ihm, seinen wichtigsten Leuten etwas von der Belastung zu ersparen und ihr Selbstvertrauen weiter zu stärken (zwei Joker-Tore!). Allerdings fanden auch die, die hoffen, Bayer 04 würde noch ins Stolpern geraten auf seinem Triumphzug durch sämtliche Wettbewerbe, Stoff in dieser Partie gegen Qarabag: Die Einschläge kommen näher, Leverkusen benötigt nun vermehrt die Nachspielzeit, um Unheil abzuwenden, und es gewinnt nicht immer, sondern remisiert gelegentlich. Es bräuchte nur eine Niederlage – dann würde das System in sich zusammenbrechen wie in einem Katastrophen-Film.
Die Wahrscheinlichkeit einer Niederlage steigt mit jedem Spiel, in dem es keine gegeben hat. Doch ob sie die Mannschaft wirklich erschüttern würde? Der Fußball betreibt halt gerne Küchenpsychologie. Ottmar Hitzfeld, der Mathematiker des FC Bayern, nahm es stets gelassen hin, wenn man gegen einen Außenseiter erst mal ein, zwei Gegentore hinnehmen musste, „denn es kommt der Punkt, an dem er dann etwas zu verlieren hat und nervös wird“. So ähnlich ist nun auch der Gedankengang bei den Bayern: Leverkusen würde es noch mit der Angst vor dem Erfolg zu tun bekommen – und am Ende in der Deutschen Meisterschaft ein Vizekusen bleiben. Allerdings: Bräche Xabi Alonsos Team so ein, wäre der Trainer wohl gar nicht mehr der Wunschkandidat des Zwölfmal-in-Folge-Meisters FC Bayern.
Ihr Weißbier trinken die Bayern derzeit mit dem Strohhalm. Der Strohhalm aktuell: Leverkusen schwächelte am Donnerstag in Baku und trifft am Sonntag auf den VfL Wolfsburg, für den Ridle Baku spielt. Ergibt ein Unentschieden – bestenfalls für Bayer.
Guenter.Klein@ovb.net