„Um 01.30 Uhr klingelt mein Wecker für Bayern“

von Redaktion

Was macht einen Fan aus, der seinen Verein aus 6000 Kilometern Entfernung anfeuert? „Dass man jedes Spiel schaut und mit vollem Herzen dabei ist“, sagt Ayush Singh (24) aus Jaipur, Indien. Seit 2013 ist der Softwareentwickler Anhänger des FC Bayern. Beim Interview sitzt er im Kane-Trikot vor der Webcam, sein großer Traum ist es, eine Partie live in der Allianz Arena zu verfolgen.

Ayush Singh, warum sind Sie Bayern-Fan?

Ich habe das Champions-League-Finale 2013 in einem Hostel gesehen, weil der Besitzer es auf dem Fernseher im Gemeinschaftsraum angemacht hat. In Indien ist alles von Cricket dominiert, also kriegt man als Kind nicht viel Fußball mit. Bei diesem Spiel hat es Klick gemacht, ich dachte nur: „Wow, was für eine Stimmung!“ Ich habe mich sofort in den Fußball verliebt, in Manuel Neuer und Arjen Robben.

Das Ergebnis half wohl.

Seitdem habe ich angefangen, mich für Bayern zu interessieren. Zuerst war es schwierig, die Spiele zu gucken: Bundesligapartien werden erst seit 2015 in Indien übertragen. Die Champions League konnte man schon vorher verfolgen – und natürlich die WM, bei der Manuel Neuer so überragte.

Wie beeinflusst das Fan-Leben Ihren Alltag?

In der Schulzeit war es schwer, weil meine Eltern mir nicht erlaubten, so spät nachts die Spiele zu gucken. Also habe ich mich heimlich aus meinem Zimmer geschlichen, um Partien zu schauen, die um 1.30 Uhr angepfiffen wurden. Auf dem College wurde es einfacher, seitdem erledige ich meine Arbeit so, dass ich die Spiele ungestört gucken kann.

Und der Schlaf?

Das ist manchmal anstrengend, das stimmt (lacht). Aber ich bin es gewohnt und richte seit zehn Jahren alles auf die Anstoßzeiten vom FC Bayern aus. Ich habe diese Saison noch kein Spiel verpasst!

Sie teilen sich den Nachnamen mit Sarpreet Singh, einem ehemaligen Bayernspieler…

… mit indischen Wurzeln! Er läuft zwar für Neuseeland auf, seine Eltern kommen aber aus Punjab, einem Bundesstaat in Indien. Hier ist er ein großer Star. Singh ist einer der wenigen indischen Spieler, die für einen Topverein in Europa gespielt haben.

Andere Fans unterstützen ihren Verein jede Woche im Stadion. Was bedeutet Mia san mia für Sie, 7000 Kilometer entfernt?

Es ist ein großer Traum von mir, irgendwann nach Deutschland zu ziehen und ein Spiel in der Allianz Arena zu verfolgen. Als Softwareentwickler habe ich gute Chancen, einen Job in München zu finden. Dann werde ich bei jeder Partie vor Ort sein. Bis dahin heißt Mia san mia für mich, dass man jedes Spiel schaut und mit vollem Herzen dabei ist. Ich bin ein treuer Fan und stecke andere Leute in Indien mit meinem Feuer an. So gebe ich mein Bestes, um das Team zu unterstützen – auch, wenn ich knapp neun Flugstunden entfernt bin.

Was machen Sie noch?

Ich sammle Trikots vom FC Bayern. Leider sind sie in Indien sehr selten und schwer zu bekommen, gerade im Gegensatz zu Vereinen aus der Premier League und La Liga. Inzwischen habe ich über zehn Trikots, und es werden immer mehr. Ich kontaktiere sogar Shops, damit sie Originale besorgen und nicht auf die Fälschungen setzen.

Sollte der Verein präsenter im Ausland sein?

In den letzten Jahren gab es Trainingscamps vom FC Bayern, bei denen sich viele indische Talente beworben haben. Dafür ist sogar Oliver Kahn angereist! Wenn eine solche Legende nach Indien kommt, ist das ein starkes Zeichen. Am meisten Aufmerksamkeit erzeugt aber der World-Squad (Weltkader von Bayern München).

Wieso?

Er gibt jungen Spielern die Chance, Teil des FC Bayern zu sein und macht sie dadurch berühmt. Ein Beispiel ist Subho Paul! Er war Teil des U19-Weltkaders. Inzwischen spielt er in Delhi und wurde zu einem indischen Star.

Interview: Vinzent Tschirpke

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