Dschidda/Köln – Max Verstappen blickte starr geradeaus, er hätte gerne bloß über diesen nächsten souveränen Sieg gesprochen. Doch das vergiftete Klima bei Red Bull überlagerte alles, und der Weltmeister war gefordert in der Rolle des Krisenmanagers. „Am wichtigsten ist“, sagte Verstappen also, „dass alle im Team den Frieden bewahren. Hoffentlich ist das von nun an der Fall.“
Es wirkt wie ein unerfüllbarer Wunsch des Niederländers, denn auch die zweite Saisonstation in Saudi-Arabien brachte täglich neue Entwicklungen. Der Machtkampf beim Weltmeisterteam tobt auf mehreren Ebenen, allenfalls ein Burgfrieden schien am Samstag möglich. Am Sonntag spitzte sich die Lage nach Informationen unserer Zeitung zu – Red Bulls Teamchef Christian Horner (50) steht vor dem Rauswurf.
Verstappen und sein Mentor und Red-Bull-Chefberater Helmut Marko (80) verweigerten den geplanten gemeinsamen Rückflug mit Horner, der alleine mit Ehefrau Geri Halliwell (51) reiste. Auch, so hört man, weil der nicht nur siegende, sondern auch charakterfeste Holländer von der Show angewidert war, die Horner zuvor telegen auch im Fahrerlager in Saudi-Arabien präsentierte. Er lief, wie auch schon in Bahrain, händchenhaltend und Bussi gebend mit dem Ex-Spice-Girl durch die Gegend, immer auf der Suche nach Kameras, um der ganzen Welt zu zeigen: Die Anschuldigungen der Mitarbeiterin, er hätte sie sexuell belästigt, seien aus der Luft gegriffen. Er wäre Opfer, nicht Täter, seine Frau halte ihm konsequent die Stange.
Womöglich ein letzter Rettungsversuch, denn nach unseren Informationen rücken nun auch die thailändischen Mehranteilseigner von ihm ab. Das hat mehrere Gründe.
Erstens: Im mit für Red Bull wichtigsten US-Markt häufen sich gerade heftige Boykottaufrufe von einflussreichen Frauenrechtlerinnen, die wegen der Horner-Gerüchte dazu aufrufen, keine Dosen mehr zu kaufen. Erschwerend kommt hinzu: Das FBI soll gerade in den USA gegen die Thai-Familie wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung ermitteln.
Zweitens: Die thailändischen Red-Bull-Machthaber befürchten, dass sich in den nächsten Tagen die sich extrem gemobbt gefühlte Mitarbeiterin in einem Statement an die Öffentlichkeit wendet, um anzukündigen, dass die von Red-Bull-Thailand und Horner eingeleitete Untersuchung nicht so objektiv war wie behauptet. Sie will bei einem zivilen Gericht in England um ihr Recht und Reputation kämpfen.
Drittens: Megarockband U2 plant mit einem Song zu helfen, da der Bruder der Mitarbeiterin der Schwiegersohn von U2-Kultgitarrist „The Edge“ ist. Uns liegen Informationen vor, dass U2 über die Veröffentlichung eines Songs mit dem Titel „Don’t be horny, be Christian“ nachdenkt. Übersetzt: „Sei nicht geil, sei Christ.“ Dazu muss man wissen: Horny, der Spitzname von Horner, steht im englischen Sprachgebrauch für „geil.“ Sein Vorname wird mit „Christ“ übersetzt.
Es ist eine unwirkliche Situation. Red Bull dominiert die Formel 1 auch in diesem Jahr, in zwei Rennen des Jahres gab es zwei Doppelsiege. Wer Titel gewinnen möchte, sollte für Horners Team fahren. Verstappen ist vertraglich zudem bis 2028 gebunden – und doch wirkte diese Verbindung nie brüchiger.
Die Gegner jedenfalls werben mittlerweile ziemlich ungeniert um die Dienste des besten Fahrers der Formel 1. „Es ist eine Entscheidung, die Max treffen muss“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Jedes Team im Fahrerlager, so der Österreicher, „würde Handstände machen, um ihn im Auto zu haben“. Red Bulls Teamchef Christian Horner indes war hörbar um Deeskalation bemüht, sagte allerdings auch diese Sätze: „Wir können niemanden zwingen, bei uns zu bleiben“, und „niemand ist größer als das Team.“
Verstappen selbst bleibt in diesem Durcheinander nicht nur erfolgreich, er war lange Zeit auch bemerkenswert parteilos, zumindest öffentlich. Das änderte sich am Freitag, als kurzzeitig die Ablösung Markos im Raum stand. „Ich habe immer klar gesagt, dass er bleiben muss, ich kann ohne ihn nicht weitermachen“, sagte Verstappen. Das Aus für den 80-Jährigen, der als Berater arbeitet, wäre für Verstappen offenbar die einzige Rote Linie.