München – Katalin Pertold hat von Eishockey keine Ahnung. Sie war noch nie bei einem Spiel. Aber sie hat ein Pendel und Kristalle (Bernstein, Rosenquarz) – und mit denen versucht sie den Energiefluss der Mannschaften zu erspüren. Die Münchner Wahrsagerin und Hellseherin war bereits im dritten Jahr Gast der „Eishockey-Show“ im Sender MagentaSport, um den Playoff-Verlauf in der DEL mit ihren Methoden zu ermitteln. 2022 war sie richtig gelegen mit dem Finale Berlin – München und den Eisbären als Meister, 2023 hatte sie Ingolstadt – Wolfsburg als Endspielserie prophezeit, doch der Titel ging nach München. Und 2024? Wie 2022: Berlin schlägt den EHC Red Bull in einem sehr knappen Finale, das ist der Tipp. Auf dem Weg dorthin räumen die Münchner Wolfsburg und Bremerhaven weg.
Damit’s nicht zu esoterisch wird, hat die Magenta-Eishockey-Redaktion diesmal auch das Gegenprogramm zum Kristallkugel- und Handlese-Schnickschnack bemüht. Künstliche Intelligenz ist derzeit schwer angesagt – was sagt also die KI, wenn man sie mit Daten aus der Vergangenheit und der Expected-Goals-Wertung füttert und 10 000 Simulations-Durchläufe erbittet? KI und Katalin sind sich darin einig, dass Berlin und München sich in der Finalserie treffen werden – wobei das Rechenmodell den EHC mit einer Siegeswahrscheinlichkeit von 66,9 gegenüber 33,1 Prozent bei den Eisbären der Meisterschaft entgegenstreben sieht. 4:2 werde die Best-of-Seven-Serie enden. Jeweils 4:2 gewinnt der EHC demnach auch im Viertelfinale gegen Wolfsburg (60,7:39,3 Prozent) und im Halbfinale gegen Straubing (58,6:41,4 Prozent).
Vor einem Jahr wäre das keine verwunderliche Vorausschau gewesen. Damals war der EHC Hauptrunden-Erster – mit 19 Punkten Vorsprung auf den Zweiten. Diesmal wurde er Fünfter – Rückstand auf die Spitze (Bremerhaven): 21 Zähler. Die Stimmung unter den Fans ist schlecht, wie man in den Internet-Foren nachlesen kann. Es wird mit Toni Söderholm gehadert, dem Trainer nach neun Jahren Don Jackson, auch mit einzelnen Spielern. Gelegentlich wird fürs Viertelfinale gegen Wolfsburg gar die Bange vor einem „Sweep“ (einer 0:4-Serie) formuliert.
Die Fragen daher: Entgehen der KI mögliche Spannungen zwischen dem Trainer und einigen seiner Cracks, bekommt sie nicht mit, wie der EHC seine Anfälligkeit für Konter nicht los wird, ist die Künstliche Intelligenz eine verträumte Nostalgikerin, die sich an die vergangenen Playoff-Erfolge des EHC klammert?
Es geht bei den Münchnern darum, die schwächste „regular season“ seit 2013/14 (Platz sieben) hinter sich zu lassen. „Man hat allen Grund, uns infrage zu stellen“, versteht Kapitän Patrick Hager die Kritik. Aber er ist seit 2017 da, wurde mit dem EHC zweimal Meister und glaubt „an die Gruppe, die wir haben“. Mit vielen erfolgreichen Spielern, die das nicht zum ersten Mal angehen: „Mental und körperlich in die Verfassung kommen, um Playoffs zu spielen.“ Und die es „als Challenge sehen, dass wieder anders über uns geredet wird“. Er kennt allerdings auch „den schmalen Grat zwischen sich unschlagbar fühlen und ,Was ist jetzt eigentlich los?’“. Hager weiß, dass es passieren kann, „dass man es nicht auf den Punkt bringt“. Wie 2021: Viertelfinal-Aus gegen Ingolstadt.
Vielleicht sollte man neben Hellseherei und KI auch noch die Menschliche Expertise (ME) abrufen. Rick Goldmann, Deutschlands Eishockey-Erklärer, erwartet „ein episches Duell über sieben Spiele, zum Teil dreckig und hart. Meist mit wenigen Toren bei einem Ausreißer nach oben.“ Aber auch auf seinem Zettel steht: Der EHC München kommt weiter.