Saudi-Arabiens Tennis-Pläne

Bitte WTA, nicht Du auch noch!

von Redaktion

THOMAS JENSEN

Die Formel 1, Cristiano Ronaldo und etliche Golf-Stars – wie Domino-Steine sind sie umgefallen. In einer Kettenreaktion, die die Sportwelt umfasst. Oliver Kahn, Rafael Nadal, die FIFA. Einmal gekippt, werden sie benutzt. Dienen dazu, Saudi-Arabiens Image aufzuhübschen. Ein Land, in dem Menschen nach unfairen Prozessen zum Tod verurteilt werden, Menschen gefoltert werden, Menschen ausgebeutet werden. In dem Frauen unterdrückt und in männliche Vormundschaft gezwungen werden.

Besonders traurig daher: zu sehen, welcher Stein aktuell wackelt. Die WTA. Schon länger debattiert das Frauentennis über Turniere in diesem Land. Wie kaum eine weltweite Sportinstitution verschreibt sich die WTA der Gleichberechtigung. Seit der Gründung im Kampf von Billie Jean King & Co. um gleiches Preisgeld gehört das Streben danach zu ihrer DNA. Und das auch über 50 Jahre später. Immerhin 16 Monate verzichtete die Tour nach dem Verschwinden der Ex-Spielerin Peng Shuai auf Turniere in China, kehrte dann allerdings mit der erkannten eigenen Machtlosigkeit zurück.

Gegenüber Saudi-Arabien ist das Frauentennis noch nicht machtlos, noch nicht abhängig. Gibt es das auf? Wegen eines Milliarden-Angebots, mit dem Ziel, Männer- und Frauentennis unter saudischer Regie zu einen?

Viele starke Frauen haben die Tennis-Bühne in den vergangenen Jahrzehnten bereichert. Zwei davon, Martina Navratilova und Chris Evert, schrieben kürzlich: „Wir haben das Frauentennis nicht mit aufgebaut, damit es von Saudi-Arabien ausgenutzt werden kann.“ Würde die WTA so absagen, sie würde ihrem Erbe gerecht werden. Geht es in Statements bald um große Chancen und positive Auswirkungen, springt sie in den Treibsand der Heuchelei, in dem schon so viel Sport steckt.

Oder gibt es noch einen Weg? Etwa, statt auf eine 90-Tage-Deadline einzugehen, selbst Bedingungen zu stellen – und zu warten, ob sie erfüllt werden – bevor das Produkt verkauft wirft. Es wäre ein neuer Ansatz gegenüber finsteren Investoren. Einer der Geduld erfordert – und Mut. Wie ihn neun Frauen 1970 hatten, als sie sogenannte Ein-Dollar-Verträge unterschrieben und damit die Basis für die WTA legten. Obwohl ihnen gedroht wurde von Turnieren und aus Ranglisten verbannt zu werden. Und obwohl sie nicht wussten, ob ihr Traum von Gleichberechtigung wahr werden sollte.

thomas.jensen@ovb.net

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