Canmore – Kaffee und Kuchen am Nachmittag – in Canmore wird Benedikt Doll ein letztes Mal sein ganz eigenes Ritual zelebrieren. Nach seinem Debüt im Weltcup vor zwölf Jahren hatte das der 33-Jährige im deutschen Team eingeführt. Wer es nach seinem Rücktritt übernimmt, ist offen. „Die Frage ist, ob jemand die Organisation in die Hand nimmt. Philipp Horn, Justus Strelow und Roman Rees waren eigentlich immer dabei“, sagte Doll, der am Freitag in Kanada ins letzte Sprintrennen (17.40 Uhr/ZDF und Eurosport) seines Sportlerlebens geht. Wehmut verspürt Doll so gar nicht: „Ich bin im Reinen mit meiner Entscheidung, ich trauere dem Sport nicht hinterher. Ich freue mich, dann heimzukommen und was Neues anzugehen.“
Mit Doll geht der letzte Weltmeister im deutschen Team. Die goldene Generation um ihm, Simon Schempp, Erik Lesser und Arnd Peiffer, die im vergangenen Jahrzehnt für eine Vielzahl an Podestplätzen gesorgt hatte, ist Geschichte. Sie alle waren Weltmeister in einer Einzel-Disziplin und standen bei Olympia auf dem Podest.
Dolls Karriereende hinterlässt eine nur schwer zu schließende Lücke, zumal er als heimlicher Kapitän des Teams auch viel Verantwortung trug und für den Zusammenhalt eine wichtige Rolle spielte. Doll organisierte viel, kümmerte sich und konnte so auch viel mitentscheiden, wie er sagte. „Solche Athleten hat man nicht am Fließband“, sagte Felix Bitterling, Sportdirektor Biathlon im Deutschen Skiverband. Doll sei „ein Ausnahmemensch“.
Der Schwarzwälder stand bisher 55 Mal im Weltcup sowie bei Großereignissen in Einzelrennen und in Staffeln auf dem Podest. Das schaffte auch Schempp, bei Lesser waren es 45 Podien, bei Peiffer gar 86 Top-Drei-Platzierungen. Im aktuellen Team kommen Johannes Kühn (18), Rees (16), Philipp Nawrath (10), Horn (7) und Strelow (5) nicht mal annähernd in solche Sphären.
Sportlich konnte Doll vieles abhaken. Weltmeister, zweimal Olympia-Bronze 2018 in Pyeongchang, Weltcupsieger. „Der WM-Titel ragt schon heraus, das war das perfekte Rennen“, sagte Doll. „Es bleiben viele Emotionen und sehr schöne Momente“, sagte Doll.
Und was kommt jetzt? An allererster Stelle seine Frau Miriam und der gemeinsame anderthalbjährige Sohn. Zudem ab Herbst in Offenburg sein zweites Studium, diesmal in Richtung nachhaltige Energiesysteme. Dass er wie viele Sportler vor ihm nach dem Karriereende in ein mentales Loch, sei „maximal unwahrscheinlich. Ich könnte schon wieder so viele Sachen machen, wo ich jetzt schon sagen muss, mach mal wieder langsam“.
Für das letzte Weltcupwochenende seiner Karriere dürfte das nicht gelten. Nach den Sprints steht im kanadischen Westen auch noch eine Verfolgung und ein Massenstart an. Den Auftakt machen am Freitag die Frauen im Sprint (17.40 Uhr/ZDF und Eurosport). dpa