Medien-Boss Mennerich: „Wo Bayern draufsteht, muss Bayern drin sein“

von Redaktion

Herr Mennerich, wie hat sich die Medienarbeit verändert?

Früher drehte sich die Kommunikation beim FC Bayern fast ausschließlich um den Fußball, um die Ergebnisse, um die Spieler. Durch die gesellschaftliche Entwicklung geht es heute auch stark um soziale Verantwortung, um das Thema Umwelt, ganz allgemein um Nachhaltigkeit. Zudem sind auch wirtschaftliche Themen immer mehr in den Vordergrund gerückt. Wir sind außerdem internationaler geworden, verbreiten unsere Nachrichten in zwölf Sprachen. Dazu die Digitalisierung, wodurch das Tempo, die Hektik und leider auch die Zahl ungeprüfter Nachrichten und Gerüchte rasant zugenommen hat. Damit umzugehen, mussten alle erst lernen, auch wir beim FC Bayern.

Wie hat sich das Verhältnis externe/interne Medien verändert?

Die Anzahl der Interviews, die unsere Spieler oder Trainer mit externen Medien führen, hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren kaum verändert. Allerdings sind die Anforderungen der clubeigenen Medien, aus dem Sponsoring und anderen Bereichen gestiegen. Die Spieler haben also mehr Termine zu erledigen als früher. Wir haben im Schnitt 80 Anfragen pro Tag aus dem In- und Ausland.

Sind die Club-Medien wichtiger für Fan-Bindung und -Gewinnung als traditionelle Medien?

Über die Club-Medien können wir unsere Fans rund um den Globus täglich mit unseren Inhalten erreichen und wir können so auch mit ihnen im Austausch bleiben. Wir haben rund 170 Millionen Follower auf unseren Social-Media-Plattformen, geben über unsere Medien täglich rund 350 Posts, Videos, Texte und Bilder raus. So erreichen und binden wir Fans. Aber die traditionellen Medien sind genauso wichtig für uns. Sie formen ein unabhängiges Bild mit Kritik, manchmal auch mit Lob und mit einer Einordnung der Themen. Das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Welt – und das hält manchmal auch wach (lächelt).

Meilensteine früherer Jahre waren die Einführung des Privat-Fernsehens, dann das Aufkommen des Internets. Was waren/sind aktuell für Sie die größten Herausforderungen, aber auch Chancen?

Es gibt fast im Monatstakt neue Entwicklungen, die dann gerne zu Supertrends hochgejubelt werden. FTs, NFTs, gamification, das Metaverse, AI, KI, und so weiter und so fort. Die Herausforderung daran ist, nicht auf jeden Zug sofort aufzuspringen und somit Geld, Fokus und Ressourcen zu verschwenden, dabei aber gleichzeitig die Trends zu kennen, um dann dort dabei zu sein, wo es für uns sinnvoll ist und vor allem, wo es sich die Fans wünschen. Das Wichtigste dabei ist aber, jeden Post, jeden Text, jedes Bild und jedes Video im Sinne des FC Bayern zu gestalten. Wir dürfen niemals aus Reichweiten- oder Algorithmus-Gründen unsere DNA verbiegen. Wo FC Bayern draufsteht, muss auch FC Bayern drin sein.

Gibt oder gab es besonders „harte Nüsse“ unter den Spielern/Trainern?

Klar, es gibt Spieler und Trainer, die lieber kommunizieren als andere. Nicht jeder ist ein Thomas Müller.

Ist die neue Spielergeneration Medien gegenüber verschlossener als die alte?

Jede Aussage kann heutzutage in Sekundenschnelle „viral gehen“, kann sofort hunderttausend Kommentare bekommen und zur Schlagzeile werden. Dadurch sind einige Spieler vorsichtiger geworden. Daher rührt dann teilweise auch die Kritik an stromlinienförmigen Aussagen. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz.

Was war bisher der interessanteste/intensivste Tag als Mediendirektor?

Es gab so viele aufregende Tage. Gewonnene und verlorene Finalspiele in der Champions League, Trennungen und Neuverpflichtungen wie zuletzt die von Harry Kane, als wir über Nacht mit 15 Kollegen unzählige Inhalte produziert und ausgespielt haben und damit Reichweitenrekorde geknackt haben. Das ist alles spannend. Dennoch mag ich ruhigere Tage auch sehr gerne. Denn dann ist alles in Ordnung beim FC Bayern.

Wie wird die KI das Aufgabenfeld verändern?

KI hilft heute schon. Bei Servicefunktionen in unserem Call Center, bei der Verschlagwortung von Datenbanken und dem Schnitt von Videos. Aber KI wird den Journalismus nicht ersetzen. Denn bei Recherche und Interviewführung, bei der Einordnung von Themen und der Bewertung von Sachverhalten ist die menschliche Intelligenz der künstlichen überlegen. Aber auch hier müssen wir abwarten, was die Zukunft bringt und jederzeit bereit sein, zu reagieren.

Interview: Hanna Raif

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