Zwei Milliarden US-Dollar für noch mehr Einfluss: Im Tauziehen um die Macht im Tennissport hat Saudi-Arabien die nächste Stufe gezündet – und ein unmoralisches Angebot vorgelegt. Der Wüstenstaat will die ATP- und WTA-Tour vereinen, dafür scheint dem Königreich mit seinem beinahe unerschöpflichen Staatsfonds PIF kein Preis zu hoch. Es wäre eine Revolution – und das nächste Ausrufezeichen der Saudis auf dem geplanten Weg zum Zentrum des Weltsports.
Der britischen Telegraph zufolge hat ATP-Chef Andrea Gaudenzi den Organisatoren der Masters-Turniere mitgeteilt, dass der PIF ein Angebot gemacht habe, das „ausläuft, wenn es nicht innerhalb der nächsten 90 Tage angenommen wird“. Es ist ein aggressiver Versuch des Königreichs, die Kontrolle über die Touren zu gewinnen.
Die WTA teilte laut Telegraph in einem Statement mit, das Angebot zu prüfen. Dass zumindest die ATP offen für lukrative Offerten aus Saudi-Arabien ist, ist bekannt. Erst Ende Februar hatte die Spielergewerkschaft eine „mehrjährige strategische Partnerschaft“ mit dem Königreich bekannt gegeben, wodurch der PIF offizieller Partner der ATP-Rangliste sowie der Turniere in Indian Wells, Miami, Madrid, Peking, der ATP-Finals zum Saisonende in Turin und der Next Gen ATP Finals in Jeddah wird. Doch es gibt auch Gegenwind. Ein Aspekt des saudischen Vorstoßes ist es offenbar, in der ersten Saison-Woche ein Masters-Turnier auszurichten – diesen Platz im Tour-Kalender nimmt aktuell (noch) der United Cup in Australien ein. „Ich habe das PIF-Interesse nie negativ gesehen. Ich habe es immer positiv gesehen. Aber als Sport sollten wir nicht etwas tun, das einen langjährigen Partner im Sport negativ beeinflusst“, hatte Tennis-Australia-Chef Craig Tiley bereits im Januar betont. Die Grand-Slam-Turniere sollen kein Teil der Vereinbarung sein und unabhängig bleiben, die besten Spieler der Tour hat das Königreich aber schon hinter sich gebracht. So fungiert der 22-malige Major-Champion Rafael Nadal als Botschafter für den saudischen Tennis-Verband, im Oktober spielen dazu gleich fünf Grand-Slam-Sieger bei einem Show-Turnier in Riad vor.