Oliver Kahn, Bixente Lizarazu, Mehmet Scholl, Jens Jeremies, Hasan Salihamidzic, Giovane Elber oder Carsten Jancker: Die Mannschaft der 2001er Champions-League-Helden war von starken Charakteren geprägt. Angeführt wurde sie von Stefan Effenberg als unumstrittenen Leitwolf. Wer dachte, Effenberg hätte als Kapitän bei dieser Ansammlung extrovertierter Persönlichkeiten öfters mal hart durchgreifen müssen, der täuscht sich. „Die Mannschaft war eine charakterlich perfekte Truppe. Da musste man nicht so viel Einfluss nehmen, weil alle extrem erfolgsorientiert waren und alles dafür getan haben“, erinnert sich die Bayern-Legende im Gespräch mit unserer Zeitung.
Als Effenberg 1998 von Borussia Mönchengladbach nach München zurückkehrte, war Trainer Ottmar Hitzfeld die treibende Kraft hinter diesem Transfer. Als Thomas Helmer seine Karriere ein Jahr später beendete, übernahm Effenberg die Kapitänsbinde von ihm. „Ottmar wollte mich damals unbedingt haben und hat mir dementsprechend von Anfang an auch sein Vertrauen ausgesprochen und gegeben. Wir waren immer eng im Austausch.“
Oder anders formuliert: Der Mittelfeldspieler war der verlängerte Arm des Trainers. Hitzfeld wusste, dass er sich zu 100 Prozent auf „Effe“ verlassen kann. „Als Führungsspieler musst du in entscheidenden Phasen da sein für dein Team. Du musst die Kollegen auch mal beschützen – auch wenn es mal Kritik von außen gibt. Damit baut man natürlich auch Druck auf sich selbst auf. Aber das ist dann deine Pflicht“, beschreibt der Weltpokalsieger seinen damaligen Stil als Anführer.
Doch all diese Führungsqualitäten sind nur schwer umzusetzen, wenn der Trainer seinem Kapitän nicht vollumfänglich den Rücken frei hält. Hitzfeld tat dies. Nicht nur bei Effenberg, sondern auch bei den anderen Wortführern wie Kahn oder Elber. „Ottmar hat immer gesagt: Meine Führungsspieler brauche ich nicht am ersten, vierten oder siebten Spieltag. Ich brauche sie dann, wenn es darauf ankommt. Dann musst du dich als Führungsspieler zeigen. Darum ist es für Führungsspieler enorm wichtig, das Vertrauen vom Trainer zu haben. Das hat Ottmar Hitzfeld in Perfektion beherrscht“, schwärmt Effenberg auch heute noch von seinem damaligen Trainer.
Aber was ist der Unterschied zwischen den Anführern von früher und heute? Bei diesem Thema spricht der Tiger Klartext: „Der Umgang mit den Medien, mit der Öffentlichkeit – das ist ein anderer Schlag mittlerweile. Wir hatten damals eine Meinung, wir standen zu unserer Meinung und wir standen auch zu Fehlern. Und das lässt dich im Endeffekt auch zu einer Persönlichkeit reifen. Das gehört absolut zusammen.“
Heutzutage gebe es viele Regeln und Schablonen, die aufgestellt werden. Regeln hätte es früher auch gegeben, „aber wir konnten uns ein Stück weit freier bewegen. Das ist der Unterschied zur heutigen Zeit, die von den Sozialen Medien bestimmt wird. Darum werden die Spieler auch mehr geschützt. Das ist im Umkehrschluss dann auch nicht gut für eine Persönlichkeitsentwicklung. Aber das werden wir vermutlich nicht mehr zurückkriegen. Das ist einfach so.“
MANUEL BONKE