München – In den vergangenen Wochen sah auch James McKiernan die Zeit gekommen, die Zügel ein bisschen anzuziehen. Okay, James McKiernan ist erst zwei Jahre alt, aber zumindest unter seinesgleichen in der Kinderkrippe musste der Eishockeyschläger mit. Und auch im heimischen Wohnzimmer wurde die Gangart härter. „Er ist der Strafbank-König“, sagte Papa Ryan McKiernan.
So gesehen ist McKiernan senior ja schon gut für die nun anbrechenden Zeiten vorbereitet. Am Samstag (19.30 Uhr) steigt der EHC Red Bull München bei den Grizzlys Wolfsburg ins Playoff-Viertelfinale ein. Klar ist nach einer wechselhaften Hauptrunde eigentlich nur, dass nichts klar ist. Nur eines vielleicht: „Es wird intensiv“, wie der Münchner Verteidiger-Routinier sagt.
An der wackeligen Punktrunde will er sich nicht stören. Die Auftritte des Meisters seien auch überlagert gewesen von der Suche nach sich selbst. „Wir haben es am Anfang mit einem neuen System versucht“, erklärte er, „jetzt spielen wir ein Hybrid davon. Ich habe das Gefühl, dass es sehr viel besser läuft.“
Und tatsächlich gehört dieser Ryan McKiernan zu einer Reihe von Akteuren im Münchner Kader, die die Hoffnung tragen, dass dieses „besser“ in den nächsten Wochen noch zu einem „richtig gut“ werden könnte.
Spieler wie er, wie der nach seiner Verletzungspause wohl zurückkehrende Ben Smith, Ben Street oder Jonathon Blum sind allesamt Mitte dreißig. Sie wissen worum es in der heißesten Zeit des Jahres geht. Darauf setzt auch Red-Bull-Eishockeychef Christian Winkler. „Wir haben eine Mannschaft mit viel Erfahrung“, sagte er, „wir werden alles ins Rennen werfen.“
McKiernan etwa war Meister in Österreich, holte die Champions League (mit Rögle) und schon zweimal den DEL-Titel (mit Berlin und München). Und immer hat der Mann aus White Plains im Bundesstaat New York zulegen können, wenn es darauf ankam. Auch im Vorjahr war das so. Nach einer manchmal wackeligen Hauptrunde war er in den Playoffs einer der großen Eckpfeiler im so erfolgreichen System von Langzeit-Coach Don Jackson. Faszination fünfte Jahreszeit. „Du versuchst natürlich immer, die beste Leistung zu bringen“, sagte er, „aber in den Playoffs funktioniert es einfach besser. Ich kann es wirklich nicht sagen, warum.“
Wobei McKiernan aus seiner Karriere übrigens nicht nur reichlich Titel mitbringt. Der Mann, der an der kanadischen Elite-Universität McGill mit Auszeichnung Finanz- und Rechnungswesen studierte, hat sich wie selbstverständlich auch Sprachen angeeignet. Interviews gibt er wie selbstverständlich auf Deutsch. Auch Schwedisch blieb aus seinen beiden Jahren in Solna und Rögle hängen. Schön für seinen jetzigen Kabinennachbarn Emil Johansson und Teamkollege Adam Almquist, die mit dem Defensivstrategen in ihrer Landessprache parlieren können.
Von einem letzten Auftrag für die Generation der EHC-Routiniers in den nun beginnenden Playoffs will Ryan McKiernan übrigens nichts wissen. „Wir sind alle topfit und haben noch eine Menge zu geben“, betonte er. Den Beweis will er am liebsten schon in der Serie gegen Wolfsburg antreten. Die nötige Härte dafür kann er sich zuvor ja bei Söhnchen James abholen.