„Es trifft mich immer noch“

von Redaktion

Ski-Star Felix Neureuther erinnert sich an seine Mutter Rosi Mittermaier und spricht über den Verlust

München – Wie groß die Leere ist, die Rosi Mittermaier bei ihren Liebsten hinterlassen hat, erzählt ihr Sohn Felix Neureuther. Über ein Jahr nach dem Tod seiner Mutter (4.1.2023) spricht der Garmisch-Partenkirchner über den Verlust. „Sie fehlt uns allen sehr. Man konnte bei ihr alle Sorgen abladen“, sagt der 39-jährige Neureuther im Interview mit der „Zeit“. Und bis zum Schluss, am Ende ihrer Krebs-Erkrankung, habe jeder ihre Kraft spüren können. Der Moment der Diagnose sei schrecklich gewesen, erinnert sich Neureuther. „Du kannst dich darauf nicht vorbereiten. Es trifft dich ins Herz, und es trifft mich immer noch“, sagt der einstige Weltklasse-Athlet.

Man kann sich vorstellen, wie die Todgeweihte bis zum Schluss für ihre Lieben da war, wie sie Trost spendete und stark war – seine Mutter habe stets die Realitäten akzeptiert, formuliert es Felix. Und das schließt ein „riesengroßes Herz“ ja nicht aus. „Luftschlösser kannte sie nicht, ihre Kraft kam aus einer inneren Klarheit“, formuliert es der dreifache Familienvater.

Seine Mutter habe ihre Kraft aus ihrer Familie und ihren Freunden gezogen, sagt Neureuther. „Der Hype von außen hat sie nie beeindruckt, das war ihr völlig unwichtig.“ Er erinnert sich an einen Besuch seiner Mutter bei Papst Benedikt in Rom, wo sie ihm ein paar Nordic-Walking-Stöcke mitgebracht hatte und ihm doch glatt sagte: „Sie müssen sich mehr bewegen.“

Ihre Fröhlichkeit, ihre Wärme habe alle Menschen positiv beeinflusst. Im Mittelpunkt zu stehen war ihr „zuwider“: „Es ging ihr darum, anderen Menschen helfen zu können“, so Neureuther. Das zwanghafte Anders-sein-Wollen, Rundum-Verfügbarkeit und Entpersonalisierung, das war so gar nicht Rosi Mittermaier, die nach zwei Gold- und einer Silbermedaille 1976 ihre Karriere mit 25 Jahren an den Nagel hing. „Meine Mutter war ein Mensch, der sich an den kleinen Dingen des Lebens freuen konnte“, erinnert sich Neureuther: „Das Gänseblümchen war ihr wichtiger als die Orchidee.“

Und der Sohn war ihr natürlich wichtiger als der Super-Skistar. Wenn er nach einem gewonnenen Weltcuprennen heimgekommen sei, dann habe sich seine Mutter natürlich gefreut. „Aber im Endeffekt war ihr der Sieg nicht wichtig“, sondern: „Ist alles in Ordnung? Geht’s dir gut?“

Und genau so, erzählt Neureuther, sei sie auch mit ihrer Krebs-Diagnose umgegangen: „Es gab nie ein Klagen, im Gegenteil.“ Mit ihrer Diagnose sei sie „unfassbar realistisch“ umgegangen.

Sich für das einsetzen, das man liebt: Das hat Neureuther mit der Muttermilch aufgesogen. Für ihn ist das auch die Rettung seiner geliebten Alpen, die durch den Turbo-Kapitalismus des Skisports bedroht sind: Flora und Fauna leiden, der Klimawandel lässt Gletscher sterben. Klar sei Skitourismus wichtig und die Berge auf den Brettern zu erkunden wunderbar, aber: „Das, was wir haben, müssen wir schützen und sorgsam damit umgehen“, so sein Credo. Eine abschließende Antwort auf den Spagat zwischen der Liebe zum Skisport und der Liebe zur Natur habe er selbst noch nicht. Klar sei nur: Der Skisport habe so aktuell keine Zukunft. MATHHIAS BIEBER

Artikel 3 von 11