München – Zumindest die ersten Schatten sind auf den Wangen von Yasin Ehliz schon zu sehen. Langsam, aber sicher nimmt er Gestalt an, der Playoff-Bart. „Ich habe mich letzte Woche noch einmal rasiert“, sagte der Stürmer des EHC Red Bull München, „und dabei bleibt es jetzt, solange die Playoffs laufen.“
Und die Hoffnungen sind groß, dass die Gesichtsbehaarung auch in diesem Jahr wieder markante Formen annimmt. Zumindest wachsen nach dem eindrucksvollen 6:3 (2:0, 3:2, 1:1) im ersten Viertelfinale in Wolfsburg die Hoffnungen, dass die Playoffs für den Titelverteidiger vielleicht doch ein wenig länger dauern könnten als es die wackelige Hauptrunde hatte erwarten lassen.
Der EHC präsentierte sich in Wolfsburg bissig, begegnete den Grizzlys von Beginn an mit Härte. Selbst die daraus resultierenden frühen Strafzeiten hatten für Trainer Toni Söderholm ihr Gutes: „Es hat Emotion reingebracht.“ Und was nicht weniger wichtig war: vor allem die scheibensicheren Kräfte setzten sich so gut in Szene, dass die Niedersachsen meist nur reagieren konnten. „Das hatten wir uns vorgenommen“, sagte Ehliz, „dass wir sie gar nicht in die Aufstellung kommen lassen.“
Der dritte Münchner Treffer, für viele der Schlüsselmoment dieser ersten Partie, war da ein Musterbeispiel. Ehliz, der feine Techniker, wischte durch die Wolfsburger Defensive und gab den Puck erst wieder her als er Chris Desousa im Rücken von Grizzly Luis Schinko entdeckte – es war das zwischenzeitliche 3:2, das den gerade wieder erstarkten Gastgebern geradewegs wieder die Luft aus den Reifen ließ.
Und es war eines von vielen guten Signalen an diesem Samstagabend, dass sich Ehliz so in Szene setzte. Für den 31-jährigen Vorjahres-MVP war die Saison lange unter keinem guten Stern gestanden. Den ganzen Sommer über fehlte er verletzt. Es dauerte, bis er wieder in Tritt kam. Und es machte die Sache nicht einfacher, dass Ehliz sich in einer Reihe wieder fand, in der vor allem Austin Ortega auf der Suche nach sich selbst war.
Söderholm zog seine Schlüsse und stellte immer wieder um, teilweise auch aus der Not von Verletzungen. Was für Ehliz heraus kam, waren 14 Tore und 18 Assists. Wie so vieles beim EHC in der Hauptrunde 2023/24 – ziemlich gut, aber eben nicht überragend. In Wolfsburg stürmte Ehliz gemeinsam mit Senkrechtstarter Veit Oswald an der Seite von Münchens Top-Knipser Chris DeSousa, der vor Ehliz‘ Aktion schon beim 2:0 gezeigt hatte, dass er nicht viele gute Zuspiele braucht, um Tore zu produzieren.
Klar, es ist nur ein Spiel und Ehliz ahnt schon, dass er mit seinem EHC in dieser Serie noch auf mehr Gegenwind stoßen wird als beim Auftakt. Wahrscheinlich schon an diesem Dienstag, wenn die Serie nach dem Modus „best of seven“ erstmals in München Station macht. „Sie werden anders auftreten“, sagte er mit Blick auf den Gegner, „umso wichtiger ist, dass wir genauso spielen wie in Wolfsburg. Und gar nichts aufkommen lassen.“
Weil die Bärte beim Titelverteidiger schließlich noch länger sprießen sollen.