Frankfurt – Mit zwei Weltklasse-Reflexen parierte Marc-André ter Stegen am Montag eine Doppel-Chance, wenige Minuten später klaute Manuel Neuer dem abschlussbereiten Jamal Musiala mit einer beherzten Streckung die Kugel vom Fuß. Für beide Torhüter gab es nach ihren Aktionen jeweils Sonderapplaus von den DFB-Teamkollegen. Am Mittwoch kam dann die wenig erfreuliche Nachricht: Neuer ist vorzeitig vom Nationalteam abgereist und fällt wegen eines Muskelfaserrisses im linken Adduktor für die beiden Länderspiele aus. Vermutlich steht der 37-Jährige den Bayern über die Länderspielpause hinaus nicht zur Verfügung. „Gute Besserung, Manu“, schrieb der DFB auf Social Media.
Zuvor war bereits durchgesickert, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann eine Entscheidung in Sachen Stammkeeper getroffen hat: Neuer wird bei dem Turnier im eigenen Land im deutschen Tor stehen. Das wurde beiden Schlussmännern in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt.
Schon in den vergangenen Wochen neigte die Torwart-Tendenz des Bundestrainers eher zum Kapitän des FC Bayern. Neuer, der sein letztes Länderspiel am 1. Dezember bei der Weltmeisterschaft in Katar gegen Costa Rica absolvierte, zeigt in München derzeit wieder herausragende Leistungen, während sich Barcelona-Keeper ter Stegen Ende des Jahres einer Operation am Rücken unterziehen musste und erst im Februar wieder in den Spielbetrieb einstieg.
„Ich habe immer gesagt, dass er wieder kommt, auch als er verletzt war. Ich kenne ihn und bin mit ihm in Verbindung. Wir haben auch darüber gesprochen: Er hat den Ehrgeiz dazu, dass er bis zur Europameisterschaft weiter macht und dann sehen wir weiter, wie weit er noch spielt“, sagt Bayern-Legende und Torhüter-Ikone Sepp Maier im Gespräch mit unserer Zeitung.
Vor Neuer sollen die Madrilenen Antonio Rüdiger und Toni Kroos mit Jamal Musiala die neue königlich-bayerische Erfolgsachse beim DFB bilden. „Faktisch war immer in der Vergangenheit: Wenn der FC Bayern und ganz früher Borussia Mönchengladbach oder der FC Bayern und Borussia Dortmund das Gros der deutschen Nationalmannschaft gestellt haben, dann waren es immer ganz gute Turniere“, erklärte 1980-Europameister Karl-Heinz Rummenigge jüngst und ergänzte, dass der BVB und die Fohlen momentan nicht unbedingt „en vogue“ zu sein.
Das sieht auch Rüdiger so. „Um Erfolg zu haben, brauchst du eine gute Achse“, sagte der Innenverteidiger und beschrieb die Rolle von Kroos wie folgt: „Uns hat die Balance gefehlt. Er kann der ganzen Mannschaft helfen.“
Nagelsmann bezeichnete Kroos bereits im Vorfeld der Länderspiele am Samstag in Lyon gegen Frankreich (21 Uhr, ZDF) und am Dienstag in Frankfurt gegen die Niederlande (21 Uhr, RTL) als „genialen Verbindungsspieler“. Dazu passt: Für Abwehrchef Rüdiger ist der Mittelfeldspieler in Sachen Spielaufbau sogar wichtiger als sein Nebenmann in der Innenverteidigung. Von einem gezielten Aufbauspiel kann vor allem Offensivdribbler Musiala profitieren. Die neue Nummer zehn des DFB kann mit seinen einmaligen Aufdrehbewegungen für die nötigen Überraschungsmomente sorgen. Und im eigenen Strafraum wird Keeper Neuer seine Vordermänner in gewohnt souveräner Manier dirigieren.
Im Länderspiel gegen Frankreich dürfte aber erst mal der im Tor stehen, der eigentlich zuschauen soll: Marc-Andre ter Stegen.