Opposition? Reisinger bleibt entspannt

von Redaktion

TSV 1860  24 Namen auf VR-Liste – „Gehe davon aus, dass jeder die Interessen des e.V. vertritt“

VON ULI KELLNER

München – Um 23.59 Uhr in der Nacht zum Mittwoch war Schicht im Schacht. Für alle, die die nächsten drei Jahre ihres Lebens damit verbringen wollen, dem notorischen Streitverein TSV 1860 als Verwaltungsrat zu dienen, endete die Bewerbungsfrist. Die gute Nachricht: Alles lief gesittet ab; weder kam es zu einer flashmobartigen Flutung des Posteingangs noch zu sonstigen Störmanövern. Ist ja schon mal eine Erwähnung wert, wenn bei 1860 etwas glatt läuft, denn ansonsten sind Schmutzeleien jeder Art der ganz normale Wahnsinn, wenn bei den Löwen mal wieder eine wichtige Mitgliederversammlung ansteht.

Doch worum geht es überhaupt bei der Versammlung am 16. Juni im Zenith? Kurz gesagt: Um den Rückhalt für Präsident Robert Reisinger, der sich bisher auf neun ihm treue ergebene Verwaltungsräte verlassen konnte, was nicht jedem im Verein passt. Einige Löwen würden sich mehr Kooperation mit der Investorenseite wünschen, wahlweise einen Großangriff auf die 2. Liga – auch deswegen wird die Neuwahl des Gremiums mancherorts als „letzte Chance“ angesehen, an den bestehenden Machtverhältnissen zu rütteln. Sprich: Leute reinzubringen, die ein Gegengewicht zu Reisingers Politik bilden.

Die Liste, die der Wahlausschuss am Donnerstagnachmittag veröffentlichte, umfasst 24 Namen, überwiegend die erwarteten. Schon am Deadline-Day stand fest: Es stellen sich auch drei Vertreter der Initiative „Bündnis Zukunft 1860“ zur Wahl, was stets vermutet worden war, aber vehement bestritten wurde. Zwei A-Promis bilden die Spitze der neuen Opposition: Martin Gräfer, Vorstand von Hauptsponsor Die Bayerische – und Ex-BayWa-Chef Klaus Josef Lutz, Honorarprofessor der TU. Dritter im Bunde ist Alexander Hoffmann, wie Gräfer ein Mitbegründer der Bündnis-Löwen. Gräfer sagt: „Ich bin der festen Überzeugung, dass es jetzt an der Zeit ist, eine gemeinsame Zukunftsvision zu entwickeln und umzusetzen, die den Verein als Kulturgut und nicht nur als Geschäftsmodell begreift. Es ist wichtig, dass wir als Verein gemeinsam eine Strategie entwickeln, die den langfristigen Erfolg sichert.“

Im amtierenden Verwaltungsrat, der 2021 gewählt wurde, dominiert die Ismaik-kritische Fanorganisation Pro1860. Bis auf Norbert Steppe, der ins Präsidium aufrücken soll, stellen sich die meisten erneut zur Wahl. Das neunköpfige Gremium fungiert als Kontrollorgan, hat aber auch bei der Bestellung der KGaA-Geschäftsführer ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Das Gegenteil einer Wahlempfehlung hatte zuletzt Ex-Vize Hans Sitzberger abgegeben, als er der AZ sagte: „Ich glaube nicht, dass die aktuelle Besetzung des Verwaltungsrates eine Zukunft hat. Der Kurs der Konfrontation ist zum Scheitern verurteilt.“ Reisinger bleibt entspannt und sagte am Telefon: „Ich gehe davon aus, dass jeder, der ein Ehrenamt beim TSV München von 1860 e.V. anstrebt, auch die Interessen des e.V. vertritt. Daher verstehe ich nicht, wo es eine Opposition geben soll.“ ULI KELLNER

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