Frankfurt – Das Adidas-Aus beim DFB beschäftigt (Fußball-) Deutschland. Die meisten Reaktionen: negativ. Der Verband schien von der Heftigkeit der Debatte überrascht und rechtfertigte seinen Ausrüsterwechsel am späten Donnerstagabend via X: „Wir verstehen jede Emotionalität. Auch für uns als Verband ist es ein einschneidendes Ereignis, wenn feststeht, dass eine Partnerschaft, die von vielen besonderen Momenten geprägt war und ist, nach mehr als 70 Jahren zu Ende geht. Das lässt uns nicht kalt.“
Ein Satz, den man gerne in der offiziellen Pressemitteilung gelesen hätte. Die wahren Beweggründe sind recht schnell erklärt: Laut Handelsblatt zahlt Nike von 2027 bis 2034 pro Jahr 100 Millionen Euro an den DFB und somit die doppelte Summe, die aus Herzogenaurach nach Frankfurt fließt. Die Marke mit den drei Streifen hätte nur zu deutlichen Abstrichen verlängert.
„Die Zeiten aus Patriotismus bei einem Sponsoringpartner zu bleiben, sind vorbei. Das können wir uns schlichtweg nicht mehr leisten“, kommentiert auch Oliver Bierhoff auf Linkedin. Der der ehemalige DFB-Direktor hatte auch eine Empfehlung an die wutschäumenden Politiker (siehe Kasten) parat. „Sie sollten sich aus der Diskussion raushalten. Sie kennen die Hintergründe und Fakten nicht. Wo ist der Standortpatriotismus der deutschen Wirtschaftspolitik? Ich hätte mir gewünscht, dass sie mehr zum Standortpatriotismus beiträgt. Stattdessen verlassen uns Unternehmen wegen hoher Energiekosten, hoher Steuern und zu viel Bürokratie. Solche Politiker-Kommentare werte ich als Eigentore.“
Auch der DFB macht keinen Hehl daraus, dass sein Nike-Wechsel aus rein finanziellen Gründen eingetütet wurde – Geld statt Tradition. Der seit Freitagnachmittag in der Mediathek abrufbare ZDF-Film „Millionenspiel EM – letzte Chance für den DFB?“ zeigt, wie sehr der Misserfolg der A-Nationalmannschaft den Verband wirtschaftlich trifft. Schatzmeister Stephan Grunwald hatte im letzten Finanzbericht 2022 festgehalten: „Finanziell trägt sich der DFB insbesondere durch die Männer-Nationalmannschaft. Ist sie sportlich erfolgreich, dann geht es auch dem DFB finanziell gut.“
Mit Volkswagen will nach ZDF-Informationen auch der zweite wichtige Zahlmeister den Rotstift anlegen. 2023/24 zahlt der Konzern noch rund 40 Mio. Euro. Damit soll nun Schluss sein, wenn der Vertrag in diesem Jahr ausläuft. VW will offenbar nur noch 18 Mio. Euro für das Sponsoring überweisen.
Der DFB hatte erst im Juni 2023 ein strukturelles Defizit von 19,5 Mio. Euro kommuniziert. Für 2024 hat er aber erhebliche Sparmaßnahmen auf den Weg gebracht. Ein Kostenfaktor ist die 182 Mio. Euro teure Akademie, deren Unterhalt rund 19 Mio. Euro im Jahr verschlingt, doppelt so viel wie zuvor gedacht. Jetzt gibt es unter Leitung von Alexander Wehrle, Aufsichtsratsvorsitzender der DFB GmbH & Co. KG, neue Pläne, die Infrastruktur besser zu nutzen. So soll der Kölner Keller nach Frankfurt umziehen.
Zusätzlich soll die Nike-Kohle den DFB auf stabilere finanzielle Beine stellen. Mit dem Deal habe der Sportartikelgigant laut Konzernchef John Donahoe die Fähigkeit demonstriert, das deutsche Team zu einer „globalen Marke“ zu machen und die Fußballer zu „globalen Helden“. Auch wenn die Nationalmannschaft bei den letzten großen Turnieren enttäuschte, würdigte Nike den DFB dennoch als „eine legendäre globale Kraft im Fußball“.
Herbert Hainer war trotz allem verwundert. „Ich kenne die Details nicht, aber ich bin schon überrascht, dass diese Entscheidung nach einer über 70 Jahre langen erfolgreichen Partnerschaft nun so vom DFB getroffen wurde“, sagt der Bayern-Präsident und langjährige Adidas-Boss: „Für den FC Bayern ist Adidas stets ein sehr guter und absolut verlässlicher Partner, mit dem der Club hervorragend zusammenarbeitet.“