Roadshow statt Elfenbeinturm

von Redaktion

1860-CEO Mueller: Erfolge bei der Sponsorenpflege – trotzdem gibt es einen Schrumpf-Etat

VON ULI KELLNER

München – Lächelnd stand er hinter der Bande, das Treiben auf dem Eis mit Kennerblick verfolgend. Oliver Mueller war Geschäftsführer des DEL-Kultclubs Kölner Haie, der Ausflug in die Tölzer Eishalle am Dienstag war für ihn eine gedankliche Reise in die berufliche Vergangenheit. Seit 2018 sei der Fußball nun seine Welt, betonte der 45-Jährige, der nach einem Engagement beim spanischen Erstligisten RCD Mallorca die kaufmännische Leistung des TSV 1860 übernahm, „aber den Duft des Eishockey, den vergisst man natürlich nicht“.

Präsident Robert Reisinger hat Mueller als Nachfolger von Marc-Nicolai Pfeifer installiert, weil er „vielfältige Führungserfahrung in der Sportbranche“ mitbringt – und die 2. Liga als „kurz- bis mittelfristiges Ziel“ in den Blick nehmen soll. Für April kündigt der neue CEO eine erste große Pressekonferenz an – bis dahin will er seine Bestandsaufnahme abgeschlossen haben. Vorab teilte er unserer Zeitung zwei überraschende Neuigkeiten mit. Die erfreuliche: Anders als kolportiert bleiben wohl alle Sponsoren an Bord. Die weniger erfreuliche: Finanziell muss der Gürtel nächste Saison wohl trotzdem enger geschnallt werden.

Mehr als 6 Millionen Euro hatte der Sportetat 2022/23 betragen, als die Löwen stark gestartet waren (Platz 1 nach sieben Spieltagen), aber umso stärker nachließen (Platz 8 am Ende). Für die laufende Saison hatten der Aufsichtsrat den Basisetat von 4,5 Millionen zweimal um je 500 000 Euro erhöht – gegen den Willen der e.V.-Vertreter. Ab Sommer, so der Plan, wird sich die neue KGaA-Leitung mit der bekannten Plangröße bescheiden, also mit jenen viereinhalb Millionen, die ohne Gebettel bei der HAM-Seite zur Verfügung stehen. „Eine Erhöhung ist vom jetzigen Standpunkt aus nicht vorgesehen“, erklärte Mueller und bestätigte, dass nach der Vertragsverlängerung mit Kapitän Jesper Verlaat nicht mehr allzu viel Spielraum bestehe. „Es gibt ein abgeschlossenes, vom Aufsichtsrat frei gegebenes Budget“, betonte er, „damit arbeiten wir.“ Details wollte er nicht verraten, nur so viel: Mueller hält es für „stemmbar“, auch mit einer Million Euro weniger einen „spielfähigen“ Kader für 2024/25 zu präsentieren.

Lieber als über nüchterne Zahlen sprach der Badener über ein emotionales Thema, das der Pfeifer-Nachfolger „Roadshow“ nennt. Marketingprofis verstehen darunter das aktive Zugehen auf Kunden, um Nähe zu schaffen – was im Falle von 1860 durchaus bildlich zu verstehen ist. Bei Mueller sieht das so aus, dass er sich in den mit einem großen Löwen verzierten MAN-Bus setzt – und damit der Reihe nach die Sponsoren abklappert, teils ohne Voranmeldung, was den gewünschten Aha-Effekt verstärken kann. Zuletzt war ja zu lesen, dass 13 Geldgeber auf dem Absprung seien, die einen aus Ärger über die Vereinspolitik, die anderen aus Frust über die sportliche Perspektivlosigkeit. Mueller kann diese Unkenrufe nicht bestätigen. 25 von fast 150 Partnern habe er bereits einen Besuch abgestattet. Seine Erfahrung: „Die Leute haben sich gefreut, dass wir zu ihnen kommen. Da war ich sehr überrascht. Ich spüre eine Aufbruchstimmung.“ Die sei sogar messbar: „Am Ende des Tages wird von diesen Unternehmen, die sich da vermeintlich negativ geäußert haben, keiner abspringen. Sondern wir haben alle dafür begeistert, weiter an Bord zu bleiben.“

In dem Stil möchte Mueller weitermachen: „Wir sitzen nicht im Elfenbeinturm und warten, bis uns die Kunden ihren Scheck bringen.“ Wie es daheim im Schwarzwald usus sei: „Geschäfte werden immer zwischen Menschen gemacht – deswegen gehen wir zu den Leuten hin.“ Bis zur Sommerpause will er die Roadshow fortsetzen: „Wir sind greifbar, wir sind anfassbar – das ist es, was die Löwen aus meiner Sicht ausmacht.“

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