München – Ob er am Ostermontag um 14 Uhr in Bremerhaven oder um 17 Uhr in Berlin anzutreten hat, erfährt der EHC Red Bull München erst am späten Nachmittag oder frühen Abend des Samstags. Wer im Halbfinale der Deutschen Eishockey Liga (DEL) auf wen trifft, hängt ab vom Ausgang der Serie zwischen Straubing und Schwenningen, die in der Hauptrunde die Plätze drei und sechs belegten. Die Schwenninger Wild Wings glichen am Donnerstag die Best-of-Seven-Serie mit einem rauschenden 4:0-Sieg zum 3:3 aus, am Samstag um 15 Uhr beginnt nun das abschließende Spiel. Heimrecht haben die Straubing Tigers. Setzen die Niederbayern sich durch, bedeutet das für München, dass es nach Bremerhaven geht. Bei einem Schwenninger Erfolg wäre Berlin der EHC-Gegner.
Es wären sehr unterschiedliche Herausforderungen für den EHC. Die Fischtown Pinguins Bremerhaven wurden zwar Hauptrunden-Meister, holten gegen den EHC in vier Partien aber nur zwei Punkte (durch ein 2:1 nach Penaltyschießen), dreimal verloren sie (2:5, 1:2, 2:4). In den Viertelfinals 2017, 18 und 23 scheiterten sie an den Münchnern, die stets ihre logistische Überlegenheit (Flüge statt Busreisen) ausspielen konnten. Die Eisbären Berlin waren in dieser Saison den Münchnern deutlich überlegen, sie gewannen alle vier Duelle (6:2, 2:1 n.P., 6:4, 6:3). Auf dem Papier ist Berlin der problematischere Gegner.
Allerdings gibt es genügend Beispiele, dass in den Playoffs jegliche Vorgeschichte an Bedeutung verliert. Quasi aus dem Nichts entwickeln sich neue Geschichten.
Gerne wird vor einer Serie ausgewertet, welches Team mehr Erfahrung hat mit solchen Situationen. Beim EHC München wird das Team nach diesem Kriterium aufgebaut: Wer hat schon Titel gewonnen, wer hat in Playoffs Führungsqualitäten bewiesen? Doch womöglich sind die vorderen Linien gar nicht entscheidend. EHC-Trainer Toni Söderholm: „In den Playoffs kann es auch so sein, dass die besten Spieler sich neutralisieren. Dann kommt es auf die dahinter an.“ Im Eishockey spricht man vom „secondary scoring“: Wie produktiv sind die Spieler, die eigentlich gar nicht so sehr vorgesehen sind für Tore und Assistpunkte? Im vorigen Jahr schoss Filip Varejcka nach oben – mit sieben Treffern in den Playoffs (in der regular season waren es nur vier). Varejcka hat nun auch im Viertelfinale gegen Wolfsburg seinen ersten (Sieg-)Treffer gelandet.
Die Gesetzmäßigkeit, dass Erfahrung alles ist, widerlegt gerade auch Veit Oswald. Für den 19-Jährigen sind Playoffs ein kaum bekanntes Format. Er hatte bislang erst zwei Playoff-Einsätze mit Landshut in der Nachwuchsliga (2022) und sechs mit Riessersee in der Oberliga (2023). Doch in der 4:0-Serie gegen Wolfsburg war er ein Erfolgsfaktor. Kollege Varejcka: „Er hat eine Klasse-Hauptrunde gespielt und das Selbstvertrauen mitgenommen.“ GÜNTER KLEIN