München – Dieses Thema ist schon länger in den Köpfen der Fußballer. Manchester-United-Star Raphael Varane spricht es nun wieder öffentlich an. In einem Interview mit der französischen Sportzeitung „L’Équipe“ möchte der Abwehrspieler auf „Mikro-Gehirnerschütterungen“ als Folge von Kopfbällen aufmerksam machen.
„Zum ersten Mal habe ich davon in dieser Saison gehört, als Spezialisten zu Besuch waren und darüber gesprochen haben“, berichtet der 30-Jährige. Er selbst habe die Nachwirkungen am eigenen Leib erfahren. „Im frühen Saisonverlauf hatte ich in einem Spiel viele Kopfbälle und war in den Tagen danach ungewöhnlich müde, auch meine Augen. Ich habe den Trainern Bescheid gesagt, die mir dringend empfohlen haben, nicht zu spielen. Ich habe mich testen lassen, was meinen Ausfall zur Folge hatte“, schildert Varane. Der Weltmeister von 2018 und vierfache Champions-League-Sieger spricht sich vor allem in jungen Jahren für Regeländerungen aus: „Mein siebenjähriger Sohn spielt Fußball. Ich sage ihm, dass er den Ball nicht köpfen soll.“ Man wisse, „dass wiederholte Erschütterungen langfristig negative Folgen haben.“
Auch Dr. Thorsten Dolla ist die Problematik von Kopfbällen oder Zusammenstößen natürlich bekannt. „Untersuchungen haben ergeben, dass Sportler, die regelmäßig Erschütterungen des Kopfes ausgesetzt sind, ein höheres Risiko haben, an Demenz zu erkranken. Die Alterungsprozesse verlaufen schneller als bei Nichtkontaktsportarten, wie beispielsweise Schwimmen“, erklärt der Berliner Sportmediziner unserer Zeitung. Er allerdings allerdings auch: „Ich sehe aber auch, dass man beim DFB bereits seit vielen Jahren etwas dagegen tut.“ Sein erster Ratschlag: „Präventiv sollte man die Schulter-Nacken-Muskulatur trainieren. Dadurch kann die Erschütterung des Kopfes abgeschwächt werden.“ Ganz wichtig sei aus seiner Sicht aber auch, dass die Sportler nach Kopfverletzungen eine entsprechende Pause bekommen und Regenerationszeiten strikt eingehalten werden.
„Als Vereinsarzt muss man sich dann durchsetzen, auch wenn das nicht immer einfach ist“, so Dolla, der seit Jahren Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) betreut. Der Fachmann ist „optimistisch“, dass man in Deutschland in Sachen Schutz des Kopfes auf dem richtigen Weg ist.
Das Thema wird auch international beachtet: Die Regelhüter des International Football Association Boards (Ifab) hatten im März beschlossen, dass es künftig eine zusätzliche Auswechslung bei dem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung bei einem Spieler geben kann. In England sollen unter Zwölfjährige möglichst ganz auf das Kopfballspiel verzichten. pk/dpa