„Nicht akzeptieren, dass es vorbei sein soll“

von Redaktion

München unter Siegzwang, um das Playoff-Aus (vorläufig) abwenden – Warum ohne Ortega?

VON GÜNTER KLEIN

München – Zum siebten Mal in seiner Geschichte steht der EHC Red Bull München im Halbfinale der Deutschen Eishockey Liga (DEL), und wenn er in den Jahren seit 2016 so weit kam, erreichte er immer auch die Endspielserie. Aber noch nie musste er auf diesem Weg einen 1:3-Rückstand aufholen, wie er ihn nach der 2:3-Heimniederlage vom Sonntag hat. Der Meister darf sich keine Niederlage mehr erlauben, sie würde das Ende der Saison bedeuten. Am heutigen Dienstag (19.30 Uhr, MagentaSport) können die Fischtown Pinguins die Serie schließen. In ihrer Stadt Bremerhaven, die sich dieser Tage im Ausnahmezustand befindet. „Ein Gastronom erzählte mir“, so berichtet es Geschäftsführer Hauke Hasselbring, „dass sich 90 Prozent der Gespräche ums Eishockey drehen.“

Dreimal wurden die Münchner von Rückständen im ersten Drittel überrumpelt, dreimal verloren sie. Lediglich Spiel drei hatten sie mit einem 4:0 im Griff. Mitten hinein in die frische Hoffnung platzte die vierte Partie am Sonntag mit einem 0:3 nach fünfeinhalb Minuten. Endstand: 2:3. EHC-Verteidiger Konrad Abeltshauser sagte: „Die Grube, die wir uns am Anfang gegraben haben, war zu tief – oder das Spiel zu kurz.“

Aber Abeltshauser ist auch so etwas wie der Optimismus-Beauftragte des EHC. Er versichert, „dass ich daran glaube und die Mannschaft und die Fans auch“, und bemüht sich, die Wende als eine realistische Option erscheinen zu lassen. „Ich schaue in die Kabine und sehe Superspieler, die Meisterschaften gewonnen haben, immer noch hungrig sind und nicht akzeptieren, dass die Saison vorbei sein soll.“

Erfahrung. Leadership – das ist beim EHC reichlich vorhanden, und auch wenn die 1:3-Situation für den Verein neu ist, vermutet Trainer Toni Söderholm, „dass einige unserer Spieler das früher schon erlebt und solche Serien noch gewonnen haben.“ Abeltshauser kann das für sich bestätigen. Er hatte ja auch ein Vorleben, spielte von 2009 bis 15 in Nordamerika. „Hatte ich mit den Allen Americans und mit den Halifax Mooseheads, da war ich sogar 0:3 hinten und habe noch gewonnen.“ Aus seinen Jugendtagen also schließt er: „Es geht immer.“

Er steigt nun ein in die Playoff-Arithmetik. „Du hast Spiel vier nicht verloren, ehe du Spiel fünf nicht verloren hast.“ Und: „Bevor wir Spiel sieben gewinnen, müssen wir erst einmal Spiel fünf gewinnen. Darauf liegt der Fokus.“ Aber so ist es: München müsste jetzt dreimal siegen, „Die Serie lang zu machen“, wie Abeltshauser sagt, ist der einzige Weg. Auf ihm könnten die Münchner noch ausspielen, was sie für ihren großen Vorteil halten. „Wir haben einen sehr tiefen Kader, können weiter Vollgas geben – das müssen andere Vereine über eine lange Serie erst mal matchen“, argumentiert der 31-Jährige.

Allerdings: Den Eindruck, körperlich an die Grenzen geraten zu sein, hinterließ Bremerhaven nicht. In den Spitzeneiszeiten lag mit Jonathon Blum (23:58 Minuten) sogar ein Münchner vorne, und die Fischtown-Stars aus Slowenien, Jan Urbas, Ziga Jeglic und Miha Verlic, wurden mit 17 Minuten gar nicht mal überbeansprucht, sie hatten weniger Spielzeit als beim EHC DeSousa, Hager, Kastner, Ehliz und Smith. Bremerhavens Coach Thomas Popiesch bekommt das Eiszeiten-Management gut hin. Und er hat de besten Special Teams der Liga. Überzahl, Unterzahl – in beiden Kategorien ist Bremerhaven besser. München blieb in insgesamt 8:45 Minuten Powerplay torlos. „Wir haben“, so Toni Söderholm, „die Lücken nicht gefunden.“

Bis vor Kurzem gehörte Austin Ortega (29) zu einer der Überzahl-Formationen. Als einer vom seltenen Typus Rechtsschütze war er auf der linken Seite gesetzt. Doch seit dem zweiten Halbfinalspiel sitzt der Amerikaner als einer von zwei überzähligen Importspielern draußen, auch die 21 Hauptrundentore helfen ihm nicht weiter. „Ich glaube, dass wir auch ohne ihn genug Qualität auf dem Eis haben, um zu gewinnen“, sagt Söderholm.

Er glaubt an „Eishockey als ehrlichen Sport“ und dass sein Team noch belohnt werden kann. Zur Ehrlichkeit gehört aber, dass Bremerhaven 3:1 führt, weil München mit dem Spiel der Pinguins einfach nicht zurechtkommt.

Die Lücken nicht gefunden

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