Eberls Tuchel-Kuschelkurs

Auch das Team lebt noch!

von Redaktion

MANUEL BONKE

Thomas Tuchel ließ es sich nicht nehmen. Als der Noch-Cheftrainer des FC Bayern seine Pressekonferenz am Montag – etwas mehr als 24 Stunden vor Anpfiff des Viertelfinal-Hinspiels in der Champions League beim FC Arsenal – beendet hatte, herzte er in den Katakomben des Emirate Stadiums einen englischen Journalisten. Beide kannten sich augenscheinlich aus gemeinsamen Zeiten auf der Insel, als Tuchel noch Teammanager des FC Chelsea war. Die Botschaft kam an: Schaut her, im Ausland ist die Wertschätzung mir gegenüber größer als in Fußball-Deutschland! Und es stimmt: In England genießt der gebürtige Krumbacher nach wie vor einen hervorragenden Ruf als Fußballfachmann. Doch an der Säbener Straße geht es zwar auch analytisch, aber vor allem auch emotional zu: Sowohl in der Club-Führung als auch innerhalb der Mannschaft.

Das zeigte auch der Auftritt von Max Eberl vor Anpfiff der Partie am Mikrofon von „Amazon Prime Video“, als er damit konfrontiert wurde, dass Joshua Kimmich mit einer möglichen Vertragsverlängerung abwarte, bis der neue Trainer feststünde. Eberl Antwort war unmissverständlich: „Ich kann es ein Stück weit nachvollziehen, man kann sich aber auch mit dem Verein committen, wo man schon sehr lange spielt.“ Zwar fügte er im nächsten Moment an, dass ein Spieler natürlich wissen wolle, wer Trainer werde – aber die Botschaft war trotzdem sehr deutlich. Während Eberl den Spielern gegenüber mal wieder harte Worte wählt, fährt er gegenüber Tuchel weiterhin einen Kuschelkurs.

Der Sportvorstand muss – unabhängig vom starken Bayern-Auftritt in London – aufpassen, nicht allein den Spielern die Schuld an der Miseren-Saison zuzuschieben. Immerhin wird ein Großteil der Mannschaft auch nächste Saison noch das Bayern-Trikot tragen, während Tuchel seine Zelte an der Säbener Straße bekanntlich abbricht. Die Zukunft ist wichtiger als die Gegenwart! Denn die emotionale Bayern-Kabine wird es honorieren, wenn der neue starken Mann in München auch über sie schützend die Hand hält.

Was das bayerische Star-Ensemble in der Lage ist zu leisten, hat es mit dem Sieg nach 0:1-Rückstand über weite Strecken bewiesen. Womöglich ist die Reise dieses Teams noch nicht zu Ende – und Tuchel legt einen Endspurt hin, der ihm auch in Deutschland Wertschätzung bringt. Wembley calling – warum nicht?!

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