Bremerhaven/München – „Gratulation an Popi“, sagte Toni Söderholm. Viermal im Verlauf des Halbfinales in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Der Sport ist hart, die Kommunikation freundlich. Es gilt, Haltung zu wahren. Das zumindest hat Söderholm, Trainer des EHC Red Bull München, geschafft, und man hat die ganze Saison über von ihm keine Unflätigkeit gehört. Doch das wird nicht verhindern, dass eine Aufarbeitung stattfinden muss: Im ersten Jahr unter Regie des Finnen ist das Münchner Team weit unter den Zielen geblieben.
Es war letztlich keine Überraschung mehr, dass der EHC von eben jenem „Popi“ mit einer 4:1-Serie ausgebremst wurde. „Popi“ ist Thomas Popiesch, Coach der Fischtown Pinguins Bremerhaven, die nun das Finale erreicht haben. Die Norddeutschen haben ein paar gute Individualisten, aber leben vor allem von ihrer Disziplin und ihrem System, das es dem Gegner erschwert, ins Tempo zu kommen. „Das haben viele versucht gegen Bremerhaven und es nicht geschafft“, sagte Söderholm nach Spiel zwei – und wirkte ratlos. In zwei der fünf Begegnungen blieb der EHC ohne Tor, zuletzt auch am Dienstagabend in Bremerhaven beim finalen Akt.
Hauptrunde: 28 Siege, 24 Niederlagen. Playoffs: fünf Siege, vier Niederlagen. Das ist gehobener Durchschnitt, mehr nicht. Der EHC gewann 56 Prozent seiner Spiele – in den guten Jahren unter Trainer Don Jackson waren es um die 65. Als Meister wurde man entthront, und nicht einmal zu einem der drei deutschen Startplätze in der Champions Hockey League (CHL) reichte es. International wird die DEL von Bremerhaven, Berlin und Straubing vertreten werden, die Münchner beziehen im September ihre neue Halle, den Garden, der Termine braucht, und werden außer dem Eröffnungs-Zinnober gegen die Buffalo Sabres nur DEL-Alltag bieten können.
Christian Winkler, der Eishockeychef im Red-Bull-Konzern, hatte die Theorie, 2023/24 sei als Übergangssaison konzipiert, stets von sich gewiesen. „Wir wollen am Ende was Silbernes hochhalten“, sagte er mittendrin mal. Und am Dienstagabend nach dem Playoff-Aus: „Wir haben eine Kabine, die weiß, wie man Titel gewinnt.“ Vielleicht wäre „hatte“ die zutreffendere Form. „Man darf sich nicht auf der Vergangenheit ausruhen“, mahnte am Sonntag der verletzte Verteidiger Dominik Bittner. Es wirkte so, als wäre das Team in seiner Geschichte gefangen.
Der Kader – das ist absehbar – wird den größten Umbruch seit den frühen Red-Bull-Jahren (2013 bis 15) erleben, das Gros der nordamerikanischen Spieler ist Mitte dreißig, zudem laufen Verträge aus. Ben Street (37), Ben Smith (35), Ryan McKiernan (34), Andrew MacWilliam (34), Trevor Parkes (32) dürften auf der Streichliste stehen, wohl auch Austin Ortega (wird morgen 30), den Söderholm zuletzt auf die Tribüne setzte. Der schwedische Verteidiger Adam Almquist (33) war eine massive Enttäuschung.
Personalplanungen hängen natürlich auch an der Person des Trainers. „Toni hat ein gutes erstes Jahr abgeliefert“, sagt Winkler, er will „keine Spekulationen aufkommen lassen“. In Fankreisen sieht man den Chefcoach skeptischer – da lautet die Erzählung: Gescheitert beim SC Bern (2022/23), underperformt in München, wo die Mannschaft keine Entwicklung nachwies, nie zu einem unwiderstehlichen Lauf fand.
„Der Plan ist es mit hundertprozentiger Sicherheit, mit Toni weiterzumachen“, erklärt Winkler – aber in der Formulierung erkennt man auch Ausgangstüren, die aufgehen könnten. In der Analyse, so Winkler, „fange ich bei mir selbst an“. Verbindliche Zusagen dann später.