München – Die Talente des FC Bayern sind in ganz Europa verteilt. Insgesamt 28 Spieler des deutschen Rekordmeisters an verschiedene Vereine verliehen, um Spielpraxis zu sammeln und ihre individuelle Entwicklung voranzutreiben. Eine entscheidende Rolle bei diesem Leih-System spielt Richard Kitzbichler, der die Aufgabe als Leihspielerbetreuer im Bereich Toptalentwicklung ausführt. Der 50-Jährige, der im vergangenen September gemeinsam mit Sportdirektor Christoph Freund seine Arbeit bei den Bayern aufnahm, reist an Spieltagen durch ganz Europa, um die Münchner Juwele aus nächster Nähe unter die Lupe zu nehmen.
„Die intensive Betreuung unserer Leihspieler hat allerhöchste Priorität für uns, um sie bestmöglich zu unterstützen und ihnen die Aussicht auf Spielpraxis zu gewährleisten“, beschreibt Kitzbichler den Aufgabenbereich seines Teams: „Wir sind im ständigen Austausch mit den Spielern, verfolgen die Entwicklung vor Ort und versuchen stets, das Optimum für den Ausbildungsprozess unserer Jungs herauszuholen.“
In Zukunft werden die Reisestrapazen für „Kitzi“ weniger werden, denn die Münchner planen eine Kooperation im Nachwuchsbereich mit Vorstadt-Club Unterhaching (wir berichteten). Der clevere Hintergedanke: Bayern-Juwele, die für die Profis noch nicht bereit sind, aber für die Jugend beziehungsweise Reserve zu gut, müssten künftig nicht mehr ins Ausland verliehen werden, sondern könnten sich bei Haching in unmittelbarer Nähe für die erste Mannschaft empfehlen.
Nach Informationen unserer Zeitung ist die Zusammenarbeit zunächst auf drei Jahre ausgelegt. Die Verantwortlichen wollen in dieser Zeitspanne sehen, wie die Partnerschaft läuft. Eine Anpassung und Intensivierung ist freilich jederzeit möglich.
Netter Nebeneffekt für die Hachinger: Sie erhalten einen Millionenbetrag vom großen Nachbarn, der die Vorstädter nicht als Farmteam, sondern als Partner auf Augenhöhe sieht. Beide Clubs bleiben komplett eigenständig in ihrem Handeln, werden sich aber neben den Leihen auch über Infrastrukturen in der Jugendförderung austauschen. Aktuell werden noch steuerrechtliche Dinge geklärt. Dass der FC Bayern als Investor für den Stadion-Kauf der Hachinger einspringt, ist derzeit hingegen nicht geplant, wie in der Öffentlichkeit bereits kolportiert wurde.
Die Vision beider Vereine für den Fußball-Standort München hat es in sich: Der FC Bayern in der Bundesliga, die SpVgg Unterhaching zeitnah in der 2. Liga, die Bayern-Amateure in der 3. Liga und Unterhaching II in der Regionalliga Bayern. Somit wären die höchsten vier Spielklassen abgedeckt und die Talente könnten je nach Leistungsniveau eingesetzt werden. Ideale Voraussetzungen für Toptalente-Entwicklung. Eine Abmeldung der beliebten Bayern-Amateure – wie von vielen Fans befürchtet – macht daher keinen Sinn. Zumal nicht festgelegt ist, wie viele Talente pro Jahr von der Säbener Straße in Richtung Sportpark „übersiedeln“. Das soll vor der Saison zusammen analysiert und kann im weiteren Saisonverlauf angepasst werden.
Besagte Talente können sich bei Haching und Bayern freilich auch für andere Vereine empfehlen. Kommt ein Transfer zustande, erhalten die Vorstädter einen Anteil von der Ablöse.
Den Gedanken einer Kooperation gab es schon länger, Campus-Chef Jochen Sauer und Sportdirektor Freund hatten bereits bei Red Bull Salzburg ein weltweit anerkanntes Nachwuchssystem etabliert. Dementsprechend große Hoffnungen legen die Verantwortlichen nun auf die ausgeklügelte Leih-Strategie. „Die Bedeutung von Leihgeschäften hat für uns im Bereich der Spielerentwicklung nochmals zugenommen“, erklärt Freund und betont: „Der Sprung aus dem Jugendbereich zu den Profis ist extrem groß, insbesondere bei einem Verein wie dem FC Bayern.“ Eine Leihe sei daher eine gute Option, „um unseren Talenten die Möglichkeit zu geben, auf hohem Niveau Spielpraxis zu sammeln und schlussendlich langfristig den Weg in den Profifußball zu schaffen“.
Wenn alles nach Plan läuft, könnten Talente erst im Wirtshaus am Sportpark und irgendwann später dann beim Champions-League-Bankett sitzen.