FOOTBALL

„Gegen uns wird es brutal“

von Redaktion

Kendral Ellison, Cheftrainer der Munich Ravens, über Erfolg, Visionen und Pampers

„Ihr größter Kritiker und ihr größter Cheerleader“: Kendral Ellison gibt jetzt den Ton an. © Roland Johannes

Für die Munich Ravens wird es ernst. Nach Monaten der Vorbereitung startet nächste Woche Sonntag (16:25 Uhr) die neue ELF-Saison bei den Stuttgart Surge. An der Seitenlinie steht dann Kendral Ellison, nach seiner Zeit als Assistenztrainer in Hamburg nun Chef bei den Ravens. Mit unserer Zeitung spricht der 36-Jährige über seine Arbeit als Kindergärtner, seinen Visionen in München und warum die Ravens „gewaltsam“ spielen wollen.

Kendral Ellison, nach den Jahren in Hamburg trainieren Sie nun in München. Warum haben Sie sich für den Süden entschieden, Hoffnung auf besseres Wetter?

Das habe ich zumindest vermutet. Dann kamen Schnee, Hagel und Regen (lacht). Vermutlich habe ich das Hamburger Wetter mitgebracht. Die Stadt gefällt mir sehr gut, ein großes Dorf. Wobei ich zugeben muss: Mir ist es fast egal, wo ich bin, ich bin nämlich gerne zu Hause. Alles ist gut, solange ich leckeres Essen finde (lacht). Ich habe aber Schloss Neuschwanstein schon besucht, ich war am Tegernsee – und ich habe noch ein paar Sachen auf der Liste. Dazu komme ich vermutlich aber erst nach der Saison.

Es ist Ihre erste Stelle als Cheftrainer, warum sind die Munich Ravens da der richtige Verein?

Es war eine einfache Entscheidung. Ich war mit Sean schon während der vergangenen Saison in Kontakt. Ich habe schnell gemerkt, dass es eine Franchise ist, die meine Ambitionen und Visionen teilt. Die Spieler sollten im Mittelpunkt stehen, das ist mir wichtig. Thomas Krohne ist ein anderer Investor als ich es gewohnt bin. Er ist absolut involviert und steht total hinter dem Projekt. Ich bin glücklich, in München zu sein.

In Hamburg haben Sie auch in einem Kindergarten gearbeitet. Was ist anstrengender, ein Tag im Kindergarten oder ein Training mit 50 Männern?

Ich habe acht Jahre im Kindergarten gearbeitet. Und ehrlicherweise ist ein Football-Team nichts anderes als ein großer Kindergarten. Die Kinder sind einfacher, es sei denn es geht ums Wechseln der Pampers, das war die größte Herausforderung. Egal ob Football oder Kindergarten, Kopfschmerzen bekommst du auf jeden Fall (lacht).

Ein Football-Kader variiert von Saison zu Saison stark. Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenstellung des neuen Teams?

Ich bin sehr zufrieden. Wir wollten das Beste aus Bayern versammeln. Und haben starke internationale Spieler. Unfassbares Talent und viel Routine. Es ist eine Sache, die Puzzleteile zu haben und eine andere die Puzzleteile zusammenzufügen. Das Team hat die Herausforderung angenommen. Wir sind durch eine harte und zermürbende Offseason gegangen. Seit Ende November arbeiten wir zusammen. Es ist phänomenal, wie das Team zusammengewachsen ist. Wir wollen als bayerische Brüder auftreten!

Wie wichtig ist es im Football, dass das Team als Einheit auftritt?

Ich habe mit fünf Jahren angefangen, Football zu spielen. Football war nie nur ein Hobby für mich, sondern immer ein Lebensstil. Ich habe erzählt, dass wir hier in München eine Bruderschaft aufbauen wollen. So bin ich es gewohnt, ich bin als jüngstes von vier Geschwistern aufgewachsen. Ich möchte, dass die Jungs bereit sind, für den anderen in den Krieg zu ziehen. Ich will aber auch, dass sie wissen: Ich werde mit euch an der Frontlinie stehen. Ich erzähle euch nichts, was ich nicht selbst schon erlebt habe. Ich werde für sie Wände einrennen und erwarte, dass sie dasselbe für mich machen. Ich bin sehr hart zu ihnen, aber sie verstehen die Erwartungen und die Idee dahinter. Ich bin ihr größter Kritiker – und ihr größter Cheerleader. Das ist eine andere Kultur als es sie in der vergangenen Saison gab.

Welchen Spielstil können die Fans erwarten?

Wir werden schnell, physisch und brutal sein (lacht). Ich bin aus Alabama, so kenne ich Football. Schnell, physisch und brutal, aber diszipliniert. Die Teams müssen echten American Football gegen uns spielen. Das wird gewaltsam, und lustig (lacht).

Die Saison startet nächste Woche in Stuttgart. Nach Monaten der Vorbereitung muss es fast schon eine Erlösung sein, endlich auf dem Platz zu stehen.

Nach drei Camps in Serie sind wir müde davon, uns gegenseitig anzusehen. Und müde davon, uns gegenseitig zu tackeln. Die Jungs wollen jetzt richtig wen umhauen (lacht). Wir freuen uns darauf, uns jetzt endlich mit anderen zu messen. Es ist ein neues Projekt, alle Augen sind auf München gerichtet, die Erwartungen sind hoch. Aber dafür machen wir es ja auch, wir wollen die Herausforderung.

Zwei Auswärtsspiele, am 9. Juni dann das Heimspiel gegen die Prague Lions. Haben Sie schon mitbekommen, wie die Atmosphäre im Sportpark ist?

Meine Mutter hat immer gesagt: Lass deine Augen da, wo der Hintern ist. Aktuell liegt der Fokus komplett auf Stuttgart. Aber natürlich habe ich das wahrgenommen. Ich habe im Internet gelesen, dass München zu den Top-5-Vereinen mit dem höchsten Zuschauerschnitt gehört. Im ersten Jahr 5000 Zuschauer? Ich sehe keinen Grund, warum wir nicht in den kommenden Jahren 8000 0der 10 000 haben sollten. Wir müssen begeisternden Football spielen, und dann werden die Leute kommen. Ich habe einen Teil der Fans schon kennengelernt, habe Ausschnitte von der Stimmung auf YouTube gesehen. Das wird eine Party.

Was sind Ihre persönlichen Ziele für die Saison?

Ich will, aus dem Team bessere Männer und bessere Football-Spieler formen. Natürlich geht es in dem Business um Siege und Niederlagen. Mein Job hängt davon ab. Wir wollen jedes Spiel gewinnen, wir wollen Meister werden. Aber ich kann keine Siege erwarten, wenn ich die Spieler nicht richtig entwickelt habe. Wir wollen hier richtig etwas aufbauen. Die Munich Ravens sollen für etwas Besonderes stehen. Das ist der größte Sieg.

INTERVIEW: NICO-MARIUS SCHMITZ

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