Was denn nun? Eigentlich wollten sich die Verantwortlichen des FC Bayern nach der Saison von Trainer Thomas Tuchel trennen. © IMAGO
München – Nächster Akt im Trainer-Theater des FC Bayern. Nach mehreren Absagen ist nun plötzlich wieder eine Weiterbeschäftigung von Thomas Tuchel Thema – trotz ursprünglicher Vereinbarung, den Verein ab Sommer zu verlassen. Das wurde rund um die Aufsichtsratssitzung der Münchner am Montagabend bekannt.
Medienberichten zufolge sollen Führungsspieler aktiv an die Bayern-Verantwortlichen herangetreten sein, um sich für eine weitere Zusammenarbeit mit dem Coach starkzumachen. Wie unserer Zeitung erfuhr, gibt es auch in der Münchner Führungsetage Stimmen pro Tuchel. Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass der Ex-Chelsea-Trainer im Juli noch beim FC Bayern ist, wich Max Eberl am Sonntag nach dem Spiel gegen Wolfsburg (2:0) aus. „Ich kam hierher, da war das Agreement geschlossen. In der Zeit wurde das von beiden Seiten noch mal bestätigt. Dementsprechend gibt es dazu nichts anderes zu sagen“, sagte der Sportvorstand, der seit 1. März im Amt ist und gemeinsam mit Sportdirektor Christoph Freund die Trainersuche leitet.
Eine andere Fraktion hat zwar das starke Champions-League-Gesicht der Mannschaft durchaus ebenfalls registriert. Das aber, so heißt es, könne nicht alles kaschieren, was zuvor unter Tuchel passiert ist. Vor allem in der Bundesliga und im DFB-Pokal spielten die Bayern, die erstmals seit 2012 eine Saison ohne Titel beenden, inkonstant. Der Trainer spaltet die Bosse.
Ende April hat Ehrenpräsident Uli Hoeneß bemerkenswert offen Kritik an Tuchels Arbeitsweise geübt. Der Trainer habe „eine andere Einstellung“, wenn es um den Umgang mit jungen Spielern gehe, sagte das Aufsichtsratsmitglied im Rahmen eines Podiumsgesprächs der FAZ: „Er meint nicht, dass er einen Davies, Pavlovic oder Musiala verbessern kann. Wenn es nicht klappt, sollte man einen anderen kaufen.“ Das brachte Tuchel auf die Palme. Seine Antwort folgte einen Tag später bei Sky: „Das ist natürlich so meilenweit an der Realität vorbei.“
Fakt ist: Im März vergangenen Jahres hat Tuchel einen Vertrag bis 2025 beim FC Bayern unterschrieben. Am 21. Februar verkündeten der Rekordmeister und der Trainer in einem gemeinsamen Statement, nach der laufenden Spielzeit getrennte Wege zu gehen. „Unser Ziel ist es, mit der Saison 2024/25 eine sportliche Neuausrichtung mit einem neuen Trainer vorzunehmen“, wurde CEO Jan-Christian Dreesen in der Pressemitteilung zitiert. Nach dem Halbfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Real Madrid bekräftigte er diesen Entschluss erneut.
Die große Frage: Würde für Tuchel ein Bayern-Verbleib überhaupt infrage kommen? Äußerst zweifelhaft. Zudem macht er kein Geheimnis daraus, dass ihn eine Rückkehr in die englische Premier League reizt.
Neben Tuchel, der überraschenderweise beim letzten Heimspiel der Saison gegen Wolfsburg (2:0) nicht verabschiedet wurde, wird intern auch Roberto De Zerbi von Premier-League-Verein Brighton heiß gehandelt. Auch die Namen der Ex-FCB-Trainer Hansi Flick und Louis van Gaal wurden bereits diskutiert. PHILIPP KESSLER UND HANNA RAIF